Prozess um "Bonner Zelle" Dschihad per Whatsapp

FRANKFURT · Ganz geheuer war ihnen der Kommunikationsdienst Whatsapp zwar nicht: "Vorsicht. Der gehört der CIA", lautete eine Botschaft im Kreis der sechs Bonner, die sich derzeit als mutmaßliche Mitglieder und Unterstützer der islamischen Terrormiliz Al-Shabaab vor dem OLG Frankfurt verantworten müssen.

Dass sie den Internetkanal gleichwohl auch während ihres Aufenthalts in Ostafrika ausgesprochen rege nutzten, liefert nun Hinweise darauf, dass die Kontakte in die Heimat sowie zu weiteren Mitgliedern der "Bonner Zelle" vor Ort stets aufrecht erhalten wurden - unter anderem auch zu Abdirazak B., der mutmaßlich am vergangenen Sonntag in Somalias Hauptstadt Mogadischu als Selbstmordattentäter 15 weitere Menschen in den Tod riss.

Männer aus Bonn-Tannenbusch zogen in den "Heiligen Krieg"

Im Jahr 2012 sollen sich die sechs jungen Männer, darunter drei Brüder, aus Bonn-Tannenbusch in Richtung Somalia aufgemacht haben. Dort, so ist die Bundesanwaltschaft überzeugt, hätten sie sich der Al-Shabaab-Miliz angeschlossen, seien zu Kämpfern für den "Heiligen Krieg" ausgebildet und auch eingesetzt worden .

Im Zug der Beweisaufnahme traten am gestrigen, dem bislang zehnten Verhandlungstag, zwei Beamte des Bundeskriminalamtes in den Zeugenstand. Beide waren mit der Auswertung von Asservaten betraut - in diesem Fall vornehmlich von Daten, die auf Mobilfunkgeräten oder Speicherkarten gesichert worden waren.

Wer exakt welche Nachricht schrieb oder empfing, lässt sich in vielen Fällen offenkundig jedoch nur vage nachvollziehen. Inhaltlich ging es in der Konversation um Kontakte zu Verbindungsleuten vor Ort sowie zu Personen in Bonn, um bei Verwandten die Sendung von Geld oder Dokumente zu erbeten.

Sextett erhielt Anweisungen per Whatsapp

Oder das Sextett erhielt Anweisungen: "Geduld bewahren und auf weitere Order warten. Möge Allah dir Standhaftigkeit geben", hieß es da etwa. Mutmaßlicher Absender dieser Botschaft könnte nach Einschätzung der Ermittler ein weiterer Bonner gewesen sein: Der Konvertit Andreas M., der das Rheinland vor sechs Jahren mit Frau und Kind in Richtung Ostafrika verließ und inzwischen von den kenianischen Behörden per Kopfgeld gesucht wird.

Zumindest einen Kontakt hat es den Ermittlern zufolge im Januar 2014 in Somalia zwischen einigen der Angeklagten und einem gewissen "Abu Bara" gegeben. Die Beamten konnten diesem Kampfnamen ein Bild zuordnen und legten es den Beschuldigten vor.

"Das ist Abdirazak aus Bonn", hätten diese erklärt. Inwieweit sie den mutmaßlichen Selbstmordattentäter von Sonntag in Somalia auch persönlich trafen, kam am Donnerstag nicht zur Sprache. Der Prozess wird ohne Unterbrechungstag fortgesetzt. Ende August, so stellte die Verteidigung am Donnerstag in Aussicht, wollen sich die Angeklagten erstmals äußern.

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