Nordrhein-Westfalen Wer kann mit wem in Düsseldorf?

Düsseldorf · Noch 41 Wochen bis zur Landtagswahl in NRW. Das ist lange hin. Doch die Abstimmung am 14. Mai 2017 wirft heute schon ihren Schatten.

 Viele Farbkombinationen möglich: Im Mai kommenden Jahres wird in NRW gewählt.

Viele Farbkombinationen möglich: Im Mai kommenden Jahres wird in NRW gewählt.

Foto: ga

Die Umfragen deuten seit Monaten darauf hin, dass statt fünf künftig sechs Fraktionen im Düsseldorfer Parlament sitzen könnten: SPD, CDU, Grüne, FDP, Linke und die AfD. Das macht die Parteistrategen im Land nervös. Sie fragen sich: Wie soll man da nur eine Mehrheit organisieren? Wer könnte mit wem koalieren? Wer kann mit wem gar nicht? Hinter den Kulissen hat das Ringen um Bündnisse längst begonnen.

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und ihre Stellvertreterin Sylvia Löhrmann (Grüne) gelten als perfektes politisches Duo. Nach der Wahl 2012 herzten sie sich wie alte Freundinnen. „Wir pflegen einen anderen politischen Stil“, betonen die beiden gern.

Aber neuerdings baut die Ministerpräsidentin Distanz zum grünen Partner auf. Zwei Tage vor dem Beginn der Sommerferien überraschte Kraft mit einem zwei Milliarden Euro schweren Sanierungsprogramm für die Schulen in Nordrhein-Westfalen. Die Botschaft verkündete sie nicht etwa bei einem großen Auftritt vor der Landespressekonferenz, sondern fast „nebenbei“ über eine Nachrichtenagentur. Über die Schlagzeilen danach durfte sich nur Kraft freuen. Ihre grüne Schulministerin Löhrmann blieb außen vor.

Noch ein Beispiel: Als Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) Ende Juni in einer leicht missglückten Pressekonferenz Zweifel darüber aufkommen ließ, dass die Landesregierung ihr Ziel „schnelles Internet für alle“ bis 2018 in sämtlichen Regionen erreichen werde, wies Kraft ihren Minister zurecht. Und machte zugleich klar, dass sie die Kritik der Grünen am Fracking-Kompromiss der Bundesregierung nicht teilt.

Jede Partei macht ihren eigenen Wahlkampf. Das erklärt solche Abgrenzungsversuche. Aber hier kommt ein Problem dazu: Sollte ein Sechs-Parteien-Parlament zustande kommen, ist es schwer vorstellbar, dass SPD und Grüne darin eine Mehrheit haben. Beide müssen sich Regierungsoptionen offenhalten.

Große Koalition

Von der GroKo ist im Moment in Düsseldorf viel die Rede. Sie wird auf den Parlamentsfluren als wahrscheinlichste Variante genannt. SPD und CDU könnten eine stabile Regierung für NRW bilden. Die Konstellation ist verlockend. Aber nur für den, der bei der Wahl vorne liegt.

„Armin Laschet stellvertretender Ministerpräsident unter Hannelore Kraft? Entsetzlich, kaum vorstellbar“, heißt es in der CDU-Landtagsfraktion. Die CDU sieht sich im Aufwind, nicht zuletzt, weil Rot-Grün seit Monaten schwächelt. Die Union würde wohl eine GroKo führen, aber nicht Juniorpartner sein wollen. Die Nummer zwei in einer großen Koalition geht schnell unter. So wie die SPD im Bund.

Prognose zur GroKo: möglich

Ampel (Rot-Grün-Gelb)

In Rheinland-Pfalz funktioniert das. Und die SPD in NRW dürfte diesem Bündnis nicht vollends abgeneigt sein. Das Problem sind die beiden anderen. FDP-Chef Christian Lindner, zugleich Fraktionschef der Liberalen im NRW-Landtag, hat eine Ampelkoalition schon im Frühjahr kategorisch ausgeschlossen: „Nirgendwo sonst außer in Rheinland Pfalz sehe ich eine vergleichbare Konstellation. Nicht im Bund und nicht in NRW.“ Und Lindner steht zu dieser Ablehnung. Sylvia Löhrmann stört das.„Es ist nicht sinnvoll, jetzt Gespräche auszuschließen, außer mit der AfD“.

Prognose zur Ampel: sehr unwahrscheinlich

Jamaika (Schwarz-Grün-Gelb)

Union und Grüne robben sich schon seit Jahren aneinander heran. In Hessen funktioniert es, in Baden-Württemberg akzeptiert die CDU sogar einen grünen Ministerpräsidenten. Aber für Jamaika gilt in NRW das Gleiche wie für die Ampel: Grün und Gelb im Land können nicht miteinander. „Das hat auch persönliche Gründe. Es hat in der Vergangenheit zu viele Konflikte gegeben“, heißt es in der FDP-Fraktion.

Jüngster Beleg für die gegenseitige Ablehnung: die harsche Kritik der FDP am rot-grünen Schulerlass zum Unterricht für Flüchtlingskinder. Die Liberalen waren so sauer über die Grünen, dass sie sogar den Dialog über einen Integrationsplan NRW aufkündigten. CDU-Landeschef Laschet, für den Jamaika nicht die schlechteste Perspektive wäre, versucht zu retten, was zu retten ist: Er mahnt die FDP zur Fortsetzung der Integrationsgespräche. Streit zwischen Fraktionen dürfe nicht auf dem Rücken von Flüchtlingen ausgetragen werden.

Prognose zu Jamaika: unwahrscheinlich

R2G (Rot-Rot-Grün)

„Nicht koalitionsfähig“: Das Zeugnis, das Hannelore Kraft der Linkspartei im Jahr 2010 nach „Sondierungsgesprächen“ ausstellte, war vernichtend. Die NRW-Linke pflegte lange ihren Ruf als radikale Chaostruppe – was Kraft übrigens nicht abschreckte, sich mit indirekter linker Unterstützung zur Ministerpräsidentin wählen zu lassen.

Doch die Linken in NRW verändern sich. Ihre jungen Landessprecher (Vorsitzende) Özlem Demirel und Christian Leye beteuern, dass die Linke jetzt seriöser sei als früher. „Es gibt weniger Flügelkämpfe“, sagte Leye zur WAZ. „Und natürlich wollen wir unsere Inhalte in einer Regierung umsetzen.“

Prognose zu R2G: möglich

Andere Bündnisse

Rot-Grün ist natürlich genauso politisch möglich wie Schwarz-Gelb, weil die Beteiligten sich diese Koalitionen ausdrücklich wünschen. Schwarz-Grün ist ebenfalls denkbar, freundliche Kontakte gibt es seit vielen Jahren. Ob solche Bündnisse aber in einem Sechser-Landtag eine Mehrheit erreichen, ist fraglich. Mit der AfD will und würde keine andere Partei zusammenarbeiten. CDU und FDP machen um die Linke einen ähnlich großen Bogen wie um die AfD. Die Piraten dürften keine Chance haben, wieder in den Landtag zu kommen.

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