Global Media Forum in Bonn Warnung vor digitaler Selbstentmündigung

BONN · Eine gewisse Spannung lag in der Luft, der knallrote Buzzer-Knopf in der Mitte des Bonner Plenarsaals gab dem Auftakt zum achten Global Media Forum der Deutschen Welle (DW) am Montag zusätzliche Aufbruchsstimmung.

 Start von DW-News: Monika Grütters und Peter Limbourg.

Start von DW-News: Monika Grütters und Peter Limbourg.

Foto: DW

Punkt elf Uhr setzten Monika Grütters, Bundesbeauftragte für Kultur und Medien, und DW-Intendant Peter Limbourg das Startzeichen für das englische Fernsehprogramm DW-News, das dann gleich mit der resoluten Moderation der zackigen Anchorfrau Laila Harrak live aus Berlin auf Sendung ging. Die Meldungen des Tages - drohender Grexit, Al-Dschasira-Journalist in Haft in Berlin und die Frauen Fußball-WM mit dem Sieg der Kanadierinnen.

Zuvor hatte Grütters das Plenum mit einer eindrucksvollen Rede auf das dreitägige Global Media Forum eingestimmt und eine "Demokratisierung des Digitalen" gefordert: "Die Werte, die wir in der analogen Welt als konstitutiv für unsere Demokratie erachten, müssen wir auch im digitalen Leben verteidigen", sagte die Staatsministerin. Eindinglich beschwor Grütters die Rolle der unabhängigen Medien als wichtigste Instanz demokratischer Kontrolle: "Deshalb dürfen Qualität und Vielfalt medialer Inhalte im Rausch des technisch Machbaren und im Spiel der Marktkräfte nicht zweitrangig werden." Man dürfe nicht die Augen verschließen vor den Gefahren, die von digitalen Technologien für die Meinungsfreiheit ausgingen.

Grütters wiederholte ihre Vorbehalte gegen Marktmacht der Suchmaschine Google, die die "digitale Deutungshoheit" in der digitalen Welt beanspruche, und warnte vor der "digitalen Selbstentmündigung" der Google-Nutzer durch die Preisgabe persönlicher Daten. Es könne nicht sein, dass die "Auffindbarkeit bei Google zum Indikator für politischen und wirtschaftlichen Erfolg werde", sagte die Staatsministerin. Unabhängige Medien, Vielfalt und Qualität seien im digitalen Zeitalter unersetzbar. Ferner plädierte sie für ein modernes Urheberrecht, das jedem erlaube, auch von seinen Ideen und Gedanken leben zu können. Es müsse einen fairen Wettbewerb und den Schutz vor der Marktmacht etwa von Google geben.

Der Beitrag von Günther Oettinger, seit 2014 EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft, hörte sich streckenweise wie ein Gegenreferat zu Grütters skeptischem Szenario an: Oettinger sieht die Welt der digitalen Medien mit den boomenden sozialen Medien Facebook und WhatsApp in erster Linie als als riesiges Geschäftsfeld, als Raum für lukrative Innovationen und Marktstrategien. Wo Grütters um Spielregeln und Sicherheitszonen bemüht ist, macht sich Oettinger für Deregulierung und eine "Digital Single Market strategy" stark.

Zuvor hatte Limbourg den Kongress eröffnet, an dem fast 2000 Gäste aus 100 Ländern teilnehmen. Der Intendant der DW skizzierte die aktuelle Situation des Qualitätsjournalismus in eher düsteren Farben. Der politische und materielle Druck sei gewachsen, "es wird zunehmend schwierig, die Wahrheit zu recherchieren". Man sei Propaganda und Desinformation ausgeliefert wie in Zeiten des Kalten Krieges.

Auch Maria Böhmer, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, und NRW-Staatssekretär Marc Jan Eumann widmeten sich der Ambivalenz digitaler Medien, die - siehe "arabischer Frühling" - demokratische Ideen weitertragen, aber auch zur Propaganda eingesetzt werden können. Aber: "Die digitale Welt hat vielen eine Stimme gegeben, die früher ungehört blieben", sagte Eumann.

Viele dieser Themen werden in den kommenden Tagen vertieft.

Informationen zum Global Media Forum unter www.dw.com/gmf

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