Kommentar zu Hannelore Kraft Verzweiflungstat

Meinung · NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) will mit einer eidesstattlichen Erklärung Zweifel an ihrer Rolle bei der Aufklärung des Silvester-Debakels in Köln ausräumen.

Die Ministerpräsidentin wollte zweifelsohne in die Offensive gehen, aber dieser Befreiungsschlag dürfte misslingen: Die eidesstattlichen Erklärungen, die Hannelore Kraft, Innenminister Ralf Jäger und vier weitere Spitzenbeamte des Landes gestern zu den Silvestervorfällen in Köln abgaben, wirken eher wie eine Verzweiflungstat.

Vom Untersuchungsausschuss erkennbar in die Enge getrieben sah sich die Ministerpräsidentin genötigt, zu Protokoll zu geben: Ich habe vor dem 4. Januar nichts gewusst von dem, was auf der Domplatte und vor dem Hauptbahnhof geschah. Dabei hatten Medien bereits am 2. Januar in großer Aufmachung von massiven Übergriffen in der Silvesternacht berichtet. Kaum zu glauben, dass das sogar dem zuständigen Fachminister komplett entgangen ist.

Fast noch schlimmer ist es aber, wenn es wirklich so war, dass die Landesregierung erst mehrere Tage nach den Taten die Dimensionen der Kölner Vorfälle erkannte. Zu diesem Zeitpunkt lag bereits eine dreistellige Zahl von Anzeigen überfallener und misshandelter Frauen vor. Innenministerium und Kölner Polizeibehörde, das hat der Untersuchungsausschuss ja aufgedeckt, haben sehr wohl schon an Neujahr und an den Tagen danach über Köln gesprochen. Und das alles soll dem Innenminister entgangen sein?

Hannelore Kraft hätte besser daran getan, wirklich reinen Tisch zu machen. Stattdessen weigert sie sich hartnäckig, offenzulegen, mit wem die Staatskanzlei in den kritischen Tagen telefoniert hat. „Es wurde nichts vertuscht“, versichert sie. Überzeugend hört sich das nicht an.

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