Kassenpatienten Über die Servicestelle zum Facharzt

BERLIN · Es gibt einen unfreiwilligen Wettbewerb unter Patienten: Wer kriegt am schnellsten einen Termin beim Facharzt? In diesem Herbst noch will die Bundesregierung eine Art "Beschleuniger" installieren, durch den gesetzlich Versicherte in den meist gut gefüllten Behandlungskalendern weiter nach vorne rücken sollen.

Mit einem sogenannten "Kleinen Versorgungsgesetz" will Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) eine Instanz bei den Kassenärztlichen Vereinigungen schaffen, die Kassenpatienten helfen soll, über "Terminservicestellen" bei den Kassenärztlichen Vereinigungen schneller von einem Facharzt behandelt zu werden. Gesetzlich Versicherte sollen sich bei Überweisung an einen Facharzt an diese Stellen wenden können, um binnen vier Wochen einen Behandlungstermin zu bekommen.

Dass der Handlungsdruck für die schwarz-rote Bundesregierung gegeben ist, zeigt das Ergebnis einer jüngsten Erhebung im Auftrag der drei Grünen-Bundestagsabgeordneten Bärbel Höhn (Oberhausen), Katja Dörner (Bonn) sowie Maria Klein-Schmeink (Münster). Danach warten in NRW Kassenpatienten im Durchschnitt 20 Tage länger auf einen Termin beim Facharzt als Privatversicherte.

Besonders groß ist der Unterschied bei der Wartezeit auf einen Facharzttermin in Bonn, Köln und Bielefeld, wo Kassenpatienten 24 Tage und 23 Tage länger als Privatpatienten warten müssen, bis sie vom Facharzt behandelt werden. Dörner sagte zum Ergebnis der Erhebung: "Es ist nicht hinnehmbar, dass es solche Unterschiede gibt. Gerade für Kassenpatienten mit ernsthaften Problemen. Wenn Ärzte aber für einen Privatpatienten mehr als das Doppelte an Honorar bekommen, ist eine Bevorzugung bei der Terminvergabe nachvollziehbar." Die Grünen plädieren seit langem für eine Bürgerversicherung, in die alle "nach ihrer Leistungsfähigkeit" einzahlen"

Der Gesundheitsexperte der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU), sagte auf Anfrage, "in den meisten Fällen warten gesetzlich Versicherte länger als privat Versicherte". Spahn verwies aber auf Regionen mit Problemen, in denen es einfach zu wenig Fachärzte gebe.

Mit den Terminservicestellen schaffe die Bundesregierung quasi eine "Termingarantie von maximal vier Wochen", wenn eine Überweisung vorliege. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte auf Anfrage zu den unterschiedlichen Wartezeiten: "Jeder Unterschied von mehr als null Tagen ist nicht akzeptabel." Das "Kleine Versorgungsgesetz" soll in den nächsten Wochen ins parlamentarische Verfahren und möglichst im ersten Halbjahr 2015 in Kraft treten.

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