Kommentar zum Contergan Schlechte, alte Zeit

Meinung | Düsseldorf · Die Landesregierung macht einen wichtigen Schritt zur Aufarbeitung des Contergan-Skadals. Doch zu viele Fragen sind noch offen.

 Das Medikament hinterließ bleibende Spuren: Die contergangeschädigte Leistungssportlerin Bettina Eistel putzt ihr Pferd Fabuleux.

Das Medikament hinterließ bleibende Spuren: Die contergangeschädigte Leistungssportlerin Bettina Eistel putzt ihr Pferd Fabuleux.

Foto: dpa

Es ist ja gerade in manchen Kreisen auch politisch wieder angesagt, von der „guten alten Zeit“ zu schwärmen. Von einer Zeit, in der alles angeblich noch geregelt und überschaubar war.

Die Studie zur Rolle des Landes Nordrhein-Westfalen im Conterganskandal der 1960-er Jahre rückt da einiges grade. Auch so war die Nachkriegszeit: Null Verbraucherschutz, machtlose Behörden, ein Pharmakonzern, der den Staat an der Nase herumführte und eine Gesellschaft, der der Respekt vor Menschen mit Behinderungen fehlte.

Das Wort „Wertschätzung“ fiel oft am Mittwoch in der Messe Düsseldorf. „Wertschätzung“ ist das, was die Contergan-Geschädigten und ihre Angehörigen sehr vermisst haben. Der Skandal war ein Thema für die Justiz, für Medien, Filmemacher, Gesundheitsbehörden. Die Politik hingegen hielt sich möglichst raus. Jahrzehntelang. Daher waren viele Betroffene dankbar für das Erscheinen der Gesundheitsministerin in ihrer Mitte. Auch das Wort „Entschuldigung“ haben die Betroffenen eher selten gehört. Im Gegenteil.

Zunächst wurde den Müttern, die Contergan eingenommen hatten, suggeriert, sie seien selbst schuld an den Schädigungen. Nie, hieß es gestern an den Tischen, habe sich die „große Politik“ um die Opfer gekümmert. Kein Ministerpräsident, kein Kanzler, kein Bundespräsident.

Die historische Aufarbeitung des Skandals ist mit der neuen Studie ein Stück vorangekommen. Ein Ende ist aber nicht in Sicht. Noch sind viele Fragen rund um den Skandal unbeantwortet.

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