OGS in Nordrhein-Westfalen Rektoren kritisieren Ganztagsbetreuung in NRW

Düsseldorf · Viele Schulleiter in NRW halten die pädagogische Qualität des Personals bei der Nachmittagsbetreuung für unzureichend. Es gibt allerdings große regionale Unterschiede.

 Haben es nicht leicht: Schüler an Ganztagesschulen leiden unter schlecht ausgestatteten Räumen und Personalmangel bei der Betreuung.

Haben es nicht leicht: Schüler an Ganztagesschulen leiden unter schlecht ausgestatteten Räumen und Personalmangel bei der Betreuung.

Foto: picture alliance / dpa

Viele Rektoren in Nordrhein-Westfalen sind mit der Qualität der Nachmittagsbetreuung an ihren Grundschulen unzufrieden. Das geht aus einer WDR-Umfrage hervor, an der sich nach Angaben des Senders 754 Grundschulleitungen beteiligt hatten. Landesweit gibt es rund 2800 „Offenen Ganztagsschulen“ (OGS).

Mehr als die Hälfte (51,5 Prozent) der befragten Rektoren ist der Ansicht, dass die pädagogische Qualität der Betreuer besser sein sollte. Rund 47 Prozent der Schulleiter gaben an, dass am Nachmittag zu wenig Personal beschäftigt werde. Rund 40 Prozent bemängelten das Raumangebot für die Nachmittagsbetreuung. Es gebe oft zu wenige, ungeeignete oder schlecht ausgestattete Räume. Bei der Hausaufgabenbetreuung in der OGS kritisierte fast ein Drittel der Rektoren (32,3 Prozent), dass das Betreuungspersonal zu große Wissensmängel habe. Mehr als zwei Drittel (68,3 Prozent) erklärten, die Kontrolle der Hausaufgaben bleibe trotz des späten Schulschlusses immer Sache der Eltern.

„Dass eine gute Ausstattung der Ganztagsbetreuung in der Grundschule Glückssache ist, schadet der Chancengleichheit der Kinder“, kritisierte der Vorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann. Die Grundschulen benötigten dringend landesweite Standards in der offenen Ganztagsbetreuung, die sich nicht nur an Quantität, sondern auch an Qualität orientiere, so Beckmann. Auch die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Dorothea Schäfer, warnte vor einem „Flickenteppich“ bei OGS-Standards. Die Bildungschancen der Kinder dürften nicht von der Haushaltslage der jeweiligen Grundschul-Kommune abhängen.

„Wir arbeiten daran, dass die Ganztagsschule noch besser wird“, sagte Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne). Sie wies jedoch die Forderung zurück, in der Nachmittagsbetreuung nur noch Lehrer einzusetzen. Eine „bunte Mischung, an guten, ganzheitlichen Angeboten für die Kinder“ dürfe nicht aufgegeben werden.

Seit 13 Jahren bieten Grundschulen in NRW OGS-Betreuungsmodelle für Kinder an, deren Eltern berufstätig sind. Es ist ein gemeinsam finanziertes Angebot von Land und Kommunen, das unter dem Dach der Schule mit städtischen Erziehern, freien Trägern, Kultureinrichtungen oder Sportverbänden organisiert wird. Die Nachfrage ist seit Jahren stark steigend. Das Land unterstützt das Nachmittagsangebot im Haushalt 2016 mit 770 Millionen Euro, die Kommunen entscheiden über Zuschüsse an die OGS eigenständig. Die Qualität des Nachmittagsangebots hängt wesentlich von den freiwilligen Leistungen von Städten und Kreisen ab. Die Freie Wohlfahrtspflege beklagt schon länger große regionale Unterschiede.

Mit Blick auf die Frage der Chancengleichheit zeichnet die WDR-Umfrage ein problematisches Bild von der Situation im Offenen Ganztag. Denn deutlich über die Hälfte der Schulleiterinnen/-leiter (56,4 Prozent) macht darauf aufmerksam, dass Kinder mit Lernstörungen oder besonderen Schwierigkeiten nicht oder nur unzureichend individuell gefördert werden können. Gleiches gilt für Kinder mit schlechten oder keinen Deutschkenntnissen.

Angesichts dieses Bildes spricht sich eine Mehrheit der Rektoren für eine Reform der Nachmittagsbetreuung an den Grundschulen aus: 53,6 Prozent wollen statt der OGS einen gebundenen Ganztag, der für alle Schüler verpflichtend ist und der klare Vorgaben für Unterrichtsstandards und Lernziele festsetzt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Kerstin Münstermann, Berlin,
zur kriselnden Ampel-Koalition
Wieder ein Endspiel?
Kommentar zur krieselnden Ampel-KoalitionWieder ein Endspiel?
Aus dem Ressort
Wut und Wahrheit
Kommentar zum Freiheitsgefühl der Deutschen Wut und Wahrheit