Aufarbeitung der Kölner Silvesternacht Opposition klagt Krafts Daten ein

Düsseldorf · Nach der eidesstattlichen Erklärung von NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft zu den Kölner Silvester-Übergriffen kündigt sich ein pikanter Rechtsstreit an.

 Unter Druck: Ministerpräsidentin Hannelore Kraft im Gespräch mit dem CDU-Landesvorsitzenden Armin Laschet.

Unter Druck: Ministerpräsidentin Hannelore Kraft im Gespräch mit dem CDU-Landesvorsitzenden Armin Laschet.

Foto: dpa

CDU und FDP im Untersuchungsausschuss des NRW-Landtags zur Aufklärung der massenhaften Kölner Silvesterübergriffe wollen die Herausgabe der Telefon-Verbindungsdaten von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) einklagen. „Der Beweisbeschluss des Ausschusses gilt und muss notfalls gerichtlich durchgesetzt werden“, sagte CDU-Obfrau Ina Scharrenbach unserer Zeitung. Kraft könne einzelne Verbindungen schwärzen, dürfe sich den Anforderungen eines Untersuchungsausschusses jedoch nicht einfach verweigern, so Scharrenbach. Auch FDP-Innenexperte Marc Lürbke hatte bekräftigt, die Vorlage der Telefon-Daten der Regierungschefin müssten „jetzt die Juristen unter sich aus machen“.

Die Landtagsopposition im U-Ausschuss hat die Staatskanzlei am 27. April schriftlich aufgefordert, Nachweise über Telefonverbindungen der Ministerpräsidentin im Zusammenhang mit den Kölner Silvesterereignissen zwischen dem 1. und 15. Januar vorzulegen. CDU und FDP wollen so überprüfen, ob Kraft wirklich erst am 4. Januar um 13.41 Uhr von Innenminister Ralf Jäger (SPD) über die Vorgänge informiert wurde. Die Ministerpräsidentin steht seit Monaten in der Kritik, weil sie nach den weltweit beachteten Übergriffen tagelang öffentlich nicht präsent war.

Vergangene Woche hatte Krafts Amtschefin Anja Surmann (SPD) dem Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses, Peter Biesenbach (CDU), eine Absage geschickt. Der Bitte von Nachweisen über Telefonverbindungen der Ministerpräsidentin und der Hausspitze der Staatskanzlei im Zusammengang mit dem Untersuchungsgegenstand „vermag ich nicht nachzukommen“, schrieb Surmann. Begründung: Bis zum Jäger-Telefonat mit Kraft am 4. Januar soll es zwischen den entscheidenden Personen der Regierung gar keinen Kontakt gegeben haben. Danach wiederum ließen sich aus der Fülle der Verbindungsdaten die Gespräche über die Kölner Silvesternacht nur durch persönliche Interviews und Eingriffe in das „informationelle Selbstbestimmungsrecht“ ermitteln.

Stattdessen haben Kraft, Jäger, Europaminister Franz-Josef Lersch-Mense (SPD) und ihre drei wichtigsten Staatssekretäre sogenannte privatschriftliche Eidesstattliche Erklärungen unterschrieben, um die bisherige Regierungslinie zu bekräftigen. Zentrale Botschaft: Vor dem 4. Januar habe man „keine persönlichen, telefonischen oder sonstigen Kontakte“ gehabt.

Ob die Staatskanzlei dem Parlament eine – wenn auch geschwärzte – Liste mit Verbindungsdaten vorlegen muss, liegt nun in der Hand der Gerichte. CDU und FDP wollen unabhängig davon Ministerpräsidentin Kraft Ende Juni als Zeugin im Untersuchungsausschuss befragen.

Derweil haben gestern zwei der ranghöchsten Polizisten in NRW als Zeugen im Untersuchungsausschuss den Vorwurf der Vertuschung zurückgewiesen. Landeskriminaldirektor Dieter Schürmann äußerte sich dabei zu einem angeblichen Anruf der Landesleitstelle bei der Kriminalwache in Köln am Neujahrstag.

Ein Mitarbeiter der Landesbehörde soll in dem besagten Telefonat von den Kölner Kollegen verlangt haben, deren erste interne Polizei-Meldung (WE-Meldung) über die Silvesternacht zu stornieren. Angeblich auf „Wunsch aus dem Ministerium“. Eine bilanzierte Vergewaltigung sollte demnach verharmlost werden.

Schürmann musste erklären, warum dieser Vorgang erst im März offen gelegt wurde. „Ich habe das nicht als weiter relevant erachtet“, sagte Schürmann. Wer der Anrufer aus der Landesleitstelle war, ist bis heute unklar. „Die Wahrheit lässt sich nicht stornieren“, versicherte Schürmann. Der Landeskriminaldirektor selbst hatte die erste WE-Meldung aus Köln einen Tag lang gar nicht beachtet: „Ich möchte aber dem Eindruck entgegen treten, dass ich die WE-Meldung als banal betrachtet hätte.“

Polizei-Abteilungsleiter Wolfgang Düren räumte ein, dass er die Silvester-Übergriffe fälschlicherweise zunächst als „lokales Phänomen“ nordafrikanischer Kölner Taschendiebe („Antänzer“) eingeordnet hatte und erst am 4. Januar aktiv wurde.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort