Rheinbrücke in Leverkusen Ob das Bauwerk bis 2020 hält, ist unklar

LEVERKUSEN · Als Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt längst wieder auf der Autobahn ist, stehen die beiden Oberbürgermeister von Köln und Leverkusen, Jürgen Roters und Reinhard Buchhorn, immer noch unter der Rheinbrücke und geben Interviews.

Ortstermin im Bauch der Brücke: (von links) NRW-Verkehrsminister Michael Groschek, Bundesminister Alexander Dobrindt und der Brückenexperte Norbert Palm.

Ortstermin im Bauch der Brücke: (von links) NRW-Verkehrsminister Michael Groschek, Bundesminister Alexander Dobrindt und der Brückenexperte Norbert Palm.

Foto: dpa

Beide wirken dabei sehr zufrieden und entspannt. Kein Wunder, hatte ihnen Dobrindt doch zuvor mitgeteilt, dass der Bund alles daran setzen werde, die neue Leverkusener Brücke so schnell wie möglich zu planen und zu bauen. Das Vehikel dazu: ein Gesetz. "Das ist das einzige Bauwerk in Deutschland, für das ein Verfahrensbeschleunigungsgesetz erarbeitet wird", sagte Dobrindt, als er an diesem Dienstagmittag unter der Brücke ankam.

Roters und Buchhorn hatten ein solches Gesetz schon länger gefordert. Erst am Morgen bei einem Arbeitsfrühstück mit Dobrindt und dessen nordrhein-westfälischem Amtskollegen Michael Groschek in Düsseldorf hatten sie diese Forderung erneuert.

Fast schon euphorisch meint der Kölner OB denn auch: "Das ist eine tolle Botschaft, die der Minister mitgebracht hat." Und sein Leverkusener Kollege lobt Dobrindt dafür, dass der auf die Wünsche der Region eingegangen sei.

Konkret geht es darum, dass Bürger und Verbände, die Einwände gegen die Planung der Brücke haben, zwar klagen können, erläutert Groschek, der Instanzenweg aber sei verkürzt worden. Wer klagen wolle, der solle sich direkt an das Bundesverwaltungsgericht wenden, so wie das auch beim Aufbau Ost funktioniert habe. Dieses Verfahren stelle sicher, "dass wir die Ersatzbrücke 2020 in Betrieb nehmen können", meint Dobrindt.

Doch ob der Verkehr auf der alten Brücke bis dahin noch fließen kann, das steht in den Sternen - auch wenn seit Dienstag wieder fieberhaft daran gearbeitet wird, die Brücke zu stabilisieren. Mit 20 Kollegen haben die Spezialisten einer Thüringer Firma damit begonnen, sogenannte Verstärkungsbleche in der ersten von insgesamt acht Seilkammern zu verschrauben.

Dort sind die Brückenseile mit dem Brückenkörper verbunden. "Wenn das funktioniert, dann machen wir das in den sieben anderen Seilkammern auch", sagt Norbert Palm, der beim Landesbetrieb Straßen NRW für die Brückenerhaltung zuständig ist. Noch nie ist in Deutschland eine Brücke auf eine solche Art instand gesetzt worden.

Bei den Reparaturen in den vergangenen Jahren hatten die Thüringer darauf gesetzt, Risse in dem vor gut 50 Jahren verbauten Stahl zuzuschweißen. Das erscheint den Brückenexperten allerdings inzwischen als wenig erfolgversprechend. "Weil beim Schweißen Temperaturen von mehreren hundert Grad entstehen, dehnt sich der alte Stahl aus und es entstehen zusätzliche Spannungen", erläutert Palm. "Beim Abkühlen aber schrumpft er wieder und es drohen, vermehrt Risse zu entstehen."

Also soll das Schweißen nach Möglichkeit vermieden werden, stattdessen sollen die Verstärkungsbleche mit Hilfe von insgesamt 6500 Schrauben angebracht werden. Drei bis vier Monate, so rechnen die Experten, sollen die Arbeiten dauern.

"Kann denn der Lastwagenverkehr danach wieder über die Brücke fahren?", will Dobrindt von den Experten wissen. Seit Mitte Juni dürfen Lastwagen über 3,5 Tonnen nicht mehr dorther fahren. "Wir hoffen es, aber dafür gibt es keine Garantie", sagt Palm. Dessen Kollege Gero Marzahn erklärt, dass es nicht einmal eine Garantie dafür geben könne, "dass die Brücke bis 2020 hält".

Für Roters und Buchhorn, die OBs von Köln und Leverkusen, wäre es ein Horrorszenario, wenn in den Kölner Autobahnring an dieser Stelle eine Lücke gerissen würde. Dann würde schließlich noch mehr Verkehr durch ihre ohnehin stark belasteten Städte fahren. Als sie darüber reden, verfinstern sich ihre Mienen doch noch - an dem für sie doch eigentlich so schönen Tag.

Belastung der Brücke

Die Belastung der Leverkusener Rheinbrücke ist heutzutage um ein Vielfaches höher als zu Planungszeiten. Gero Marzahn, Abteilungsleiter bei Straßen NRW, erläutert: "Vor 50 Jahren war sie für täglich 30 000 Fahrzeuge ausgelegt, heute fahren hier 120.000 Fahrzeuge, davon 15.000 Lastwagen bis 44 Tonnen." (Wenn sie nicht gerade für Lkw gesperrt ist.)

Mit der Erweiterung 1986 von vier auf sechs Spuren seien die Lastwagen "an den Rand gedrängt worden". Auch das hätte der Brücke nicht gutgetan.

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