Länderfinanzausgleich NRW will mehr Steuergerechtigkeit

Düsseldorf · Bund und Länder ringen um die Neuordnung der Finanzbeziehungen. Für Nordrhein-Westfalen steht dabei viel auf dem Spiel.

 Aus NRW-Sicht sind die bisherigen Regelungen ungerecht.

Aus NRW-Sicht sind die bisherigen Regelungen ungerecht.

Foto: picture alliance / dpa

Für Nordrhein-Westfalen steht viel auf dem Spiel, wenn in Berlin Bund und Länder über ihre Finanzbeziehungen verhandeln. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat das Thema längst zur Chefsache erklärt, und auch ihr Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) fordert, das Geld müsse künftig „gerechter“ und „nach Bedarf“ verteilt werden, keinesfalls aber nach Himmelsrichtung und pauschalen Sonderkonditionen.

Seine Hauptforderung hat NRW zumindest im Kreis der Bundesländer schon durchgesetzt: Der so genannte „Umsatzsteuervorwegausgleich“ würde entfallen – das ist die erste Stufe der Umverteilung zwischen Bund und Ländern sowie zwischen den Ländern untereinander. Aber der Bund muss davon noch überzeugt werden.

Bisher wird die Umsatzsteuer von den anderen Steuern getrennt und schon vor dem eigentlichen Länderfinanzausgleich umverteilt. Aus NRW-Sicht ist das extrem ungerecht. Das Land verliert hier nämlich etwa ein Drittel seines Umsatzsteueraufkommens, das entspricht fast 2,5 Milliarden Euro. NRW liegt zwar bei den Steuereinnahmen im oberen Drittel der Länder. Nach der bisherigen Umsatzsteuer-Umverteilung rutscht es aber auf die hinteren Plätze ab.

In einer zweiten Stufe des Länderfinanzausgleichs bekommt NRW anschließend zwar einen Teil des Geldes – rund 700 Millionen Euro – wieder zurück. Aber unterm Strich steht jedes Jahr ein Minus von weit mehr als einer Milliarde Euro.

Hannelore Kraft hat immer wieder betont, es müsse mehr von dem in NRW erwirtschafteten Geld in diesem Bundesland bleiben. Seit 2010 gilt NRW im Finanzausgleich offiziell als „Nehmerland“, aber in Wirklichkeit zahlt es eben drauf und ist ein „Geberland“. Wenn es nach den Ländern ginge, soll der Bund ab 2019 möglichst rund zehn Milliarden Euro mehr an die Länder verteilen und die Finanzlage der Kommunen dabei besonders berücksichtigen. Vor allem im Ruhrgebiet gibt es viele hochverschuldete Städte, NRW könnte also mit einer nennenswertem zusätzlichen Unterstützung durch den Bund rechnen. Bis zu zwei Milliarden Euro mehr, heißt es, würden in der Landeskasse landen, sollte sich NRW mit seinen Vorstellungen in Berlin durchsetzen.

Bund und Länder demonstrierten vor dem Spitzentreffen zur Neuordnung ihrer Finanzbeziehungen Einigungswillen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte: „Wir haben jetzt eine gute Grundlage, um uns zu einigen.“ Bedingung sei aber, bessere Strukturen und Anreize im Ausgleichssystem zu schaffen.

Mehrere Länderregierungschefs äußerten sich ebenfalls optimistisch. Sie beharrten jedoch auf einem von allen 16 Ländern vorgeschlagenen Modell. Dieses lehnen Schäuble und die Koalition im Bundestag ab. Bis zum späten Donnerstagnachmittag war offen, ob es eine Annäherung gab. Die Finanzbeziehungen müssen neu geordnet werden, weil der Länderfinanzausgleich und der Solidarpakt II im Jahr 2019 auslaufen. Ein Kompromiss in den seit Jahren andauernden Verhandlungen galt angesichts der Differenzen als schwierig, wurde aber auch nicht ausgeschlossen.

Länder hatten sich auf Radikalmodell verständigt

Die 16 Länder hatten sich im Dezember auf ein Radikalmodell verständigt – mit einer Umverteilung zulasten des Bundes. Sie fordern vom Bund jährlich rund 9,7 Milliarden Euro – mit steigender Tendenz. Die Zahlung würde nach Darstellung des Bundes bis 2030 auf 15 Milliarden Euro pro Jahr steigen. Die Länder wollen den Finanzausgleich in seiner jetzigen Form abschaffen und Transfers untereinander streichen.

Schäuble sowie Union und SPD im Bundestag lehnen dies ab. Sie pochen darauf, dass sich die Länder weiter untereinander helfen. Der Finanzausgleich soll zwar verringert, aber erhalten bleiben. Der Bund will einen Ausgleich von jährlich maximal 8,5 Milliarden Euro zahlen. Er schlägt in einem 15-Punkte-Programm zudem Maßnahmen zur Neuaufteilung der Kompetenzen von Bund und Ländern vor.

Der Deutsche Städtetag forderte ein bundesweites Fördersystem für finanzschwache Kommunen in Ost und West. So könnte Regionen etwa im Ruhrgebiet oder in Ostdeutschland wieder der Anschluss an die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung ermöglicht werden, sagte der Hauptgeschäftsführer des Kommunalverbandes, Helmut Dedy.

Der Länderfinanzausgleich im engeren Sinn lag 2015 bei rund 9,62 Milliarden Euro. Der gesamte Umverteilungstopf einschließlich Umsatzsteuern belief sich auf rund 17,52 Milliarden Euro. Hinzu kamen 3,84 Milliarden Euro sowie weitere Sonderhilfen des Bundes.

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