Landtagswahl in NRW Mit Milliardenversprechen in den Wahlkampf

Düsseldorf · Die NRW-SPD stellt die Weichen für die Wahlen. Sie wirbt beim Landesparteitag in Düsseldorf für beitragsfreie Kitas für alle, ein Azubi-Ticket und den Wegfall der Meister-Gebühren.

Der Mann, auf dem alle Hoffnungen der NRW-SPD vor der nahenden Landtagswahl ruhen, ist gar nicht da. Kanzlerkandidat Martin Schulz fehlt am Samstag beim Parteitag seines Heimatverbandes in der Düsseldorfer Stadthalle. Er begleitet stattdessen 500 Kilometer weiter nördlich den im Umfragetief verharrenden Küsten-Ministerpräsidenten Torsten Albig (SPD) zum Drittliga-Spiel Holstein Kiel gegen Fortuna Köln.

„Martin lässt euch alle herzlich grüßen“, ruft Landeschefin Hannelore Kraft den mehr als 400 Delegierten in Düsseldorf zu. Das reicht für den ersten großen Applaus. Obwohl die NRW-SPD wie kein anderer Landesverband für eine Kanzlerkandidatur des scheidenden Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel gekämpft hatte, ist Kraft nun froh, dass der aus Würselen stammende Schulz „einer von uns“ ist. Der „Schulz-Effekt“ belebt die Genossen an Rhein und Ruhr. NRW-Problemthemen wirken plötzlich weit weg. „Schlusslicht-Debatte“ – war da was? Die Chancen steigen, am 14. Mai erneut stärkste Partei zu werden.

Die Ministerpräsidentin, die später einstimmig zur Spitzenkandidaten gekürt wird, blättert einen ganzen Katalog milliardenschwerer Wahlversprechen auf. In allen 396 NRW-Kommunen sollen künftig für alle Kita-Jahre pro Woche 30 Betreuungsstunden komplett beitragsfrei sein. Das Land will diese Kosten übernehmen. Für die übrigen Betreuungsstunden sollen landesweit einheitliche Gebührensätze gelten. Da die Beiträge aber nach Elternverdienst gestaffelt und die Einkommen lokal sehr unterschiedlich verteilt sind, wird das Land gerade in ärmeren Städten ordentlich zuschießen müssen.

„Gebührenfrei gibt es nur mit der SPD, das wollen nicht einmal die Grünen“, sagt Kraft. Die jährlichen Kosten werden auf mehr als eine Milliarde Euro taxiert. Der Koalitionspartner will das Geld lieber in Betreuungsqualität und Ausweitung der Kita-Öffnungszeiten investieren. Kraft verspricht außerdem allen Lehrlingen ein „Azubi-Ticket“ für den Öffentlichen Nahverkehr. Da die kommunalen Verkehrsgesellschaften sich das nicht leisten können, wird auch hier das Land einspringen müssen. Hinzu kommt die Zusage, die Gebühren für die Meisterprüfung abzuschaffen. Das war angesichts wegfallender Studiengebühren in der Arbeiterpartei SPD schon lange gefordert worden. Das aktuelle Großthema Innere Sicherheit wird in Krafts einstündiger Rede nur etwa zwei Minuten lang gestreift. Innenminister Ralf Jäger und der Fall des Berliner Attentäters Anis Amri bleiben unerwähnt.

Dafür verspricht die Ministerpräsidentin, die Zahl der Polizeianwärter künftig von derzeit 2000 auf 2300 anzuheben. Schließlich müssen die 1700 zusätzlichen Bezirksbeamten, die die SPD für ein besseres Sicherheitsgefühl auf die Straße bringen will, irgendwo herkommen. Dass Jäger die Ausbildungskapazitäten schon mit den bisherigen 2000 Polizeianwärtern ausgereizt sah, weil Streifenwagen und Akademieplätze fehlten, wird am Samstag nicht weiter vertieft. Gesamtkosten und Finanzierung des Wahlprogramms bleiben ebenfalls offen.

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