Interview mit Flughafen-Köln/Bonn-Chef Michael Garvens: "Wir erwarten bis zu 700 neue Jobs"

KÖLN/BONN · Der Flughafen Köln/Bonn habe sich in einem "Kopf-an-Kopf-Rennen" erst vor wenigen Tagen gegen den Konkurrenten Düsseldorf als neuer Lufthansa-Standort durchgesetzt, sagte Flughafen-Chef Michael Garvens. Über Folgen und Hintergründe der Entscheidung sprach mit ihm Delphine Sachsenröder.

Seit vielen Jahren bemühen Sie sich darum, Langstreckenflüge nach Köln/Bonn zu holen. Viele Ziele sind längst wieder gestrichen. Ist die Entscheidung der Lufthansa jetzt der Durchbruch?
Michael Garvens: Ja, das ist ganz klar der Durchbruch. Hier handelt es sich um ein ganz neues Produkt, nirgendwo sonst in Europa gibt es Billig-Langstreckenflüge in dieser Form.

Wie billig werden die Flüge?
Garvens: Details kann ich nicht nennen, aber laut Lufthansa wird das Preisniveau rund 30 Prozent unter den marktüblichen Preisen liegen.

Es heißt, Köln/Bonn habe Düsseldorf unter anderem mit günstigeren Preisen den Rang abgelaufen. Wie viel weniger haben Sie von der Lufthansa verlangt?
Garvens: Der Preis hat sicher keine entscheidende Rolle gespielt, sondern vor allem unsere langjährige Erfahrung mit Billig-Airlines. Dazu kommt, dass wir am Flughafen Köln/Bonn im Vergleich zu Düsseldorf ausreichend Kapazitäten haben.

Die Lufthansa hat ausdrücklich die Erlaubnis von Nachtflügen in Köln/Bonn als einen Grund für ihre Entscheidung genannt.
Garvens: Das hat sicher eine nicht unwesentliche Rolle gespielt. Deshalb setzen wir uns auch stark dafür ein, dass die Möglichkeit für Nachtflüge in Köln/Bonn nicht verloren geht. Wenn bei Langstreckenflügen etwa eine Verspätung entsteht, müssen die Airlines an anderen Standorten nachts auf andere Flughäfen ausweichen, was mit erheblichen Zusatzkosten verbunden ist.

Müssen sich die Bürger auf mehr Fluglärm einstellen?
Garvens: Ich gehe grundsätzlich davon aus, dass abgesehen von Verspätungen die neuen Langstrecken zu keiner Erhöhung der Zahl der Nachtflüge führen werden. Unter dem Strich geht es um drei zusätzliche Starts und Landungen am Tag bei insgesamt 200. Das fällt nicht wirklich ins Gewicht. Außerdem handelt es sich bei dem eingesetzten Flugzeugtyp A330-200 um ein sehr modernes und damit auch leises Flugzeug.

Ist der Flughafen technisch auf die neuen Angebote vorbereitet?
Garvens: Wir sind sehr gut vorbereitet, sogar der A380 könnte hier starten und landen. Es wird nur kleinere Anpassungsmaßnahmen an den Terminals geben. Sollte die Anzahl der Maschinen deutlich steigen, haben wir schon fertige Pläne. Wir wollen dann den sogenannten T-Walk bauen, eine neue Verbindung zwischen den Terminals eins und zwei.

Reichen Verkehrsanbindung und Parkplätze für die zusätzlichen Passagiere aus?
Garvens: Das geplante Fernbusterminal am Flughafen hat bei den Verhandlungen eine wichtige Rolle gespielt. Es soll mit Aufnahme der Langstrecke fertig sein. Die Bahn will ebenfalls ab dem kommenden Winterfahrplan mit dem RE6A den Flughafen im Stundentakt mit Düsseldorf verbinden. Das Parkplatzangebot halten wir für ausreichend.

Mit wie vielen neuen Arbeitsplätzen rechnen sie?
Garvens: Man geht pro Million an zusätzlichen Passagieren von 1000 Arbeitsplätzen aus. Wir erwarten zwischen 600.000 und 700.000 zusätzliche Passagiere. Das wären dann bis zu 700 neue Jobs.

Welche Rolle hat es für die Entscheidung gespielt, dass Germanwings bereits als Lufthansa-Tochter seine Basis in Köln/Bonn hat?
Garvens: Eine große Rolle. In den Condor-Flügen ab Köln/Bonn nach Kuba sitzen jeweils 40 bis 80 Passagiere aus Zubringerflügen von Germanwings. Auch für die neuen Strecken bietet sich die Airline als Zubringer an. Über 400.000 Germanwings-Passagiere im Jahr steigen bereits in Köln/Bonn um.

Wann sind die Grenzen des Wachstums in Köln/Bonn erreicht?
Garvens: Die sehe ich noch lange nicht. Unsere Start- und Landebahnen lassen noch viele Jahre Wachstum zu. Die Terminalkapazität liegt bei 14 Millionen Passagieren im Jahr, wir liegen in diesem Jahr bei 9,4 Millionen.

Zur Person

Michael Garvens leitet seit knapp 13 Jahren als Geschäftsführer den Flughafen Köln/Bonn. Der Betriebswirt und Hobby-Pilot hat die Passagierzahlen am ehemaligen Hauptstadt-Flughafen deutlich ausgebaut, indem er sich früh auf die Ansiedlung von Billigfluglinien konzentrierte. Garvens, Jahrgang 1958, war unter anderem zehn Jahre in wechselnden Positionen bei der Lufthansa beschäftigt.

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