Kommentar zur Väterkampagne in NRW Männer ermutigen

Meinung · Die Zeiten, als Familienpolitik als „Gedöns“ abgetan wurde, sind eindeutig vorbei. Diese Äußerung, die er 1998 als Kanzlerkandidat tätigte, hat Gerhard Schröder damals schnell bereut. Lösungen, wie Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen sind, wird heute auch aus wirtschaftspolitischer Perspektive ein hoher Stellenwert beigemessen.

 Von heute an präsent: Kampagnenplakate der Landesregierung zur Unterstützung berufstätiger Vater.

Von heute an präsent: Kampagnenplakate der Landesregierung zur Unterstützung berufstätiger Vater.

Foto: dpa

In einer Gesellschaft, deren soziales Sicherungssystem auf die jeweils nächste Generation angewiesen ist, ist Familienförderung eine wichtige Aufgabe. Und dabei geht es zunehmend auch um Männer und ihre Möglichkeiten, zur Kinderbetreuung beizutragen.

In NRW nimmt ein Drittel aller Väter Elternzeit. Allerdings beanspruchen die meisten von ihnen lediglich die zwei Monate, die vom Staat zusätzlich an Elterngeld bezahlt werden, wenn sich der zweite Elternteil an der Zeit beteiligt. Insofern ist die Väterkampagne, die das Land gestartet hat, sinnvoll. Es braucht Leuchtturmprojekte, um einen gesellschaftlichen Wandel voranzutreiben.

Väter benötigen Ermutigung, dass sie nicht nur die zwei Monate Elternzeit als willkommenen langen Urlaub mit der Familie betrachten, sondern die Vereinbarkeit von Kindern und Karriere dauerhaft versuchen. Als Grund dafür, warum sie keinen oder nur wenige Monate Elternzeit nehmen, geben Väter in Umfragen mehrheitlich an, dass sie berufliche Nachteile dadurch erwarten. Dazu kommt, dass viele Frauen gleichzeitig unter der „gläsernen Decke“ hängen bleiben und durch fehlende Beförderungen nur einen Teil der Einkünfte bestreiten können.Dann bleibt unter dem Strich finanziell zu wenig für die Familie übrig.

An dieser Stelle kommen die Arbeitgeber ins Spiel. Unbewusste Vorurteile machen nicht nur Frauen das Leben schwer. Etliche Großkonzerne wie Bosch und die Deutsche Telekom bemühen sich durch Workshops und Mentoringprogramme, veraltete Rollenmuster zu überwinden. Denn gerade im mittleren Management sitzen vielerorts noch Verfechter der klassischen Rollenmodelle, die wenig Verständnis dafür aufbringen, wenn Männer nach flexiblen Arbeitszeiten fragen. Der Weg von der Präsenzkultur, in der derjenige belohnt wird, der es lange am Schreibtisch aushält, hin zum Messen des Erfolgs am Arbeitsergebnis ist noch weit.

In der Generation der unter 35-Jährigen hat ein Umdenken eingesetzt. Mancher Arbeitgeber oder Personalberater ist verblüfft, welche klaren Prioritäten jüngere Menschen haben: Arbeit ist nicht alles. In Bewerbungsgesprächen geht es längst nicht mehr nur um ein gutes Gehalt und einen sicheren Arbeitsplatz, sondern auch um Angebote wie Arbeiten vom Home-Office aus. Noch ist die Frage, ob Digitalisierung auf Dauer mehr Arbeitsplätze schafft oder vernichtet, nicht abschließend geklärt. Aber bei einem helfen moderne technische Möglichkeiten auf jeden Fall: Kinder und Karriere miteinander zu vereinbaren.

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