NRW-Chef der CDU verspürt wenig Flankenschutz Laschet ohne Netzwerk

DÜSSELDORF · Noch kann Armin Laschet trotz der "Affärchen" und Affären um Noten und Steuern kräftig durchatmen. Bisher ist in der legendär selbstzerstörerischen Partei niemand unterwegs, um den CDU-Landeschef politisch zu meucheln. "Es läuft keine Casting-Show", weiß einer aus der inneren Führung. Auch weil es an personellen Alternativen fehlt.

Nicht nur in Berliner Parteizirkeln gilt die Parole: "Ball flach halten - über den Sommer kommen." Dabei plagt manchen die Angst, dass "noch mehr kommen könnte".

Eigentlich lief alles prima für Laschet. Gute Umfragen, eine schwache rot-grüne Regierung, die NRW-CDU in den zwei Jahren nach dem Röttgen-Desaster wieder geschlossen aufgepäppelt und das erste Grundsatzprogramm verabschiedet. Seitdem aber steht sich Laschet mit falschen Noten, verlorenen Notizen und verkürzten Steuern selbst im Weg. In der Partei wächst die Sorge, dass Laschets Ruf beschädigt wird. Als Protokollnotizen einer Vorstandssitzung im Bergischen Kreis über "moralische Verfehlungen" des Vorsitzenden die Runde machten, wurde das Papier schnell dementiert. Dass der Geist aber längst aus der Flasche ist, zeigte ein persönlicher Facebook-Eintrag des Pressesprechers im CDU-Bezirk Münsterland, der Laschet attestierte, dass dem kleinen Mann "die Schuhe zu groß sind. Viel zu groß." CDU-Bezirkschef Karl-Josef Laumann reagierte prompt und feuerte wutentbrannt seinen nassforschen Sprecher.

In diesen Tagen wird Laschets Grundproblem deutlich: Der Aachener verfügt über kein Netzwerk in der Partei und hat es in den drei Jahren als Landeschef versäumt, eine starke Prätorianer-Garde um sich zu scharen. Die "Ein-Mann-Fabrik" Laschet berät sich mit einem kleinen Büro-Team. In der Krise spürte Laschet wenig Flankenschutz. "Wo sind eigentlich Generalsekretär Löttgen und Fraktionsgeschäftsführer Lienenkämper?", fragen sich viele.

In der Fraktion wird der "oft chaotische" Stil des Vorsitzenden beklagt. Noch habe Laschet die drei Themen nicht ausgemacht, mit denen der Regierung Kraft "Feuer gemacht werden kann". Als Ex-Fraktionschef Karl-Josef Laumann intern andeutete, dass Laschet sich nicht verzetteln und mehr auf NRW konzentrieren möge, erntete er Zustimmung. Zu viele Talk-Shows, zu viele Termine. Ein typischer Tag: Laschet jettet zurück aus Israel, rast nach Oberhausen, wechselt das Hemd in Aachen und leitet morgens früh die CDU-Fraktion mit Gewerkschaftsboss Michael Vassiliadis. Parallel die Vorwürfe in der "Noten-Affäre".

Auch die Nähe des Ex-Integrationsministers zu den Islamverbänden wird in konservativen Kreisen der Partei kritisch beäugt. "Er muss sich nicht zu jedem Zuckerfest äußern", heißt es hinter vorgehaltener Hand. "Der Großteil unserer Wähler sind Christen." Laschet will auch junge Türken als CDU-Wähler gewinnen.

In fast 180 Kommunen werden im September in NRW neue Bürgermeister und Landräte gewählt. Da kommen die Affären des CDU-Landeschefs zur Unzeit. Laschet selbst bemüht sich um Schadensbegrenzung und will alles zur Aufklärung beitragen, damit "auch wieder über Politik geredet werden kann". Einen Rücktritt schloss der CDU-Fraktionschef in der "Rheinischen Post" kategorisch aus. "Ich habe viele Ideen, für die es sich zu kämpfen lohnt. Unser Land hat eine bessere Regierung verdient." Erst einmal muss Laschet die eigenen Sachen regeln.

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