Demografischer Wandel "Kind-Faktor" für Zuschüsse vom Land

DÜSSELDORF · Hauptschulsterben, Schuldenberge, marode Infrastruktur: Zwei Jahre lang hat die Enquete-Kommission des NRW-Landtags die Folgen des demografischen Wandels auf die öffentlichen Haushalte analysiert.

 Die Kommission schlägt einen "Kind-Faktor" für kinderfreundliche Maßnahmen vor.

Die Kommission schlägt einen "Kind-Faktor" für kinderfreundliche Maßnahmen vor.

Foto: dpa

Das Fazit: Ohne wirtschaftliches Wachstum, eine höhere Frauenerwerbsquote und die schnelle Einbeziehung der Zuwanderer in den Arbeitsmarkt sind die öffentlichen Haushalte in NRW kaum zu sanieren.

Bei der Vorstellung der 178 Handlungsempfehlungen der Kommission verwies die Ausschussvorsitzende Astrid Birkhan (CDU) darauf, dass die unerwartet starke Flüchtlingswelle frühere Prognosen zum drastischen Schrumpfen der Bevölkerung in NRW überholt habe. Um die neue Chance zu nutzen, setzt die Kommission die neue Priorität bei der frühkindlichen Bildung. Sprachförderung und der qualitative Ausbau der Kitas sollen Vorrang erhalten in der Bildungspolitik. Außerdem müssten berufliche und akademische Bildung gleichwertig gefördert werden.

Weitere Empfehlungen der Kommission:

  • Flüchtlinge: Im Ausland erworbene Abschlüsse sollen schneller anerkannt werden. Firmen sollen über Praktika junge Migranten binden.
  • Kommunen: Schrumpfende Gemeinden sollen Hilfen für den Rückbau öffentlicher Einrichtungen (Abwasserkanäle etc.) erhalten, um langfristige Kosten zu sparen. Auch außerhalb der Ballungsräume soll eine wirtschaftliche Entwicklung ermöglicht werden.
  • Lehrer: Der Beamtenstatus soll erhalten bleiben.
  • Frauen: Die mit 40 Prozent niedrige Frauenerwerbsquote soll durch familiengerechte Arbeitszeitmodelle auf 70 Prozent - wie in Schweden - angehoben werden.
  • Öffentlicher Dienst: Die Attraktivität des Öffentlichen Dienstes soll durch Arbeitszeitkonten und eine stärkere Leistungsorientierung bei Besoldung und Beförderung erhöht werden. Anreize zur Frühpensionierung sollen weiter abgebaut werden.
  • Versorgungsrücklage für Pensionen: Beiträge zur Pensionsvorsorge für neue Beamte sollen weiter in voller Höhe in den Infrastrukturfonds eingezahlt werden. NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) hatte die Beiträge des Landes auf 200 Millionen Euro jährlich begrenzt.
  • Aufgabenkritik: Alle Aufgaben des Landes sollen darauf geprüft werden, wo sich der Staat auf Kernbereiche konzentrieren kann, Standards gestrichen und Aufgaben privatisiert oder eingestellt werden können.
  • Infrastruktur: Der zunehmende Verfall der Infrastruktur soll in einem neuen Infrastruktur-Fonds als Sondervermögen des Landes gestoppt werden, in dem alle Förder- und Investitionsprogramme gebündelt werden.
  • Kinder: Das Land soll den Kommunen Zuschüsse nicht nur nach dem Bevölkerungsschlüssel überweisen. Die Kommission schlägt auch einen "Kind-Faktor" für kinderfreundliche Maßnahmen vor.

Konkrete Handlungsempfehlungen für die NRW-Kommunen gab die Kommission nicht, weil kein "differenziertes Zahlenmaterial" vorlag. Das Statistische Landesamt hatte zuletzt eine Trendumkehr in der Bevölkerungsprognose gemeldet: Bis 2025 wird NRW nun doch weiter wachsen und erst danach langsam schrumpfen. CDU-Experte Hendrik Schmitz hält in jedem Fall "präventives Wachstum für unverzichtbar".

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