Sorgenkinder: nordrhein-westfälische Städte In der Schuldenspirale

BONN · "Die nordrhein-westfälischen Städte - insbesondere die Ruhrgebietsstädte - entwickeln sich immer mehr zu den Sorgenkindern unter den deutschen Großstädten."

Die alarmierende Aussage filtert Hans-Peter Busson von der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) aus den Daten der Kommunenstudie zur Verschuldung der deutschen Großstädte 2010 bis 2013. Unter den Städten, die in der Studie besonders negativ herausstechen, befinden sich auch Bonn und Köln (siehe Grafik): Die Bundesstadt mit der zweithöchsten Zunahme der Schulden zwischen 2010 und 2013 und die Rheinmetropole mit der zweithöchsten absoluten Verschuldung aller deutschen Großstädte.

Anders als etwa in den wohlhabenden süd- und südwestdeutschen Städten oder auch in Ostdeutschland nimmt die Verschuldung der NRW-Großstädte trotz einer allgemein guten Konjunktur zu. Die Finanz-Entwicklung der NRW-Städte sei "anhaltend kritisch, eine Trendwende ist nicht in Sicht", lautet das nüchterne Fazit des Studienleiters Busson.

Für ganz Deutschland stellt die Untersuchung einen Besorgnis erregenden Trend fest: gering verschuldete und wirtschaftsstarke Großstädte kommen beim Abbau ihrer Verbindlichkeiten voran, ihre armen Verwandten, die sich vor allem in NRW befinden, versinken immer tiefer im Schuldensumpf. "Die Zwei-Klassen-Gesellschaft innerhalb der deutschen Städtelandschaft verfestigt sich", heißt es in der Studie.

Der Grund für die immer weiter auseinanderklaffenden finanziellen Möglichkeiten: Während die Pflichtaufgaben bleiben, profitierten Kommunen in strukturschwachen Regionen nicht von den in den vergangenen Jahren sprudelnden Steuereinnahmen. So bleibt ihnen dauerhaft die Chance versagt, sich an den eigenen Haaren aus dem Schuldensumpf zu ziehen. "Ihre Schulden steigen und steigen - und sie können relativ wenig dagegen unternehmen", analysiert EY-Studienleiter Hans-Peter Busson.

Die Folge für die Habenichtse ist eine Schulden-Abwärtsspirale: Reiche Städte verfügen über die Mittel, mit attraktiven Angeboten um Unternehmen und Zuzügler zu werben. Klamme Kommunen dagegen müssen immer mehr Leistungen stutzen und werden somit immer unattraktiver für potenzielle Gewerbesteuerzahler - ein Teufelskreis.

Angesichts der aktuellen Diskussion um die zukünftige Verteilung der Gelder aus dem Solidarpakt erhält die Studie besonderes Gewicht. Denn während die ostdeutschen Großstädte, die ohnehin eine erheblich geringere absolute Schuldenlast schultern, zwischen 2010 und 2013 durch die Bank Schulden abbauen konnten, stieg die Belastung vieler westdeutscher Städte weiter an.

Allerdings reizten auch viele hoch verschuldete Städte ihre Sparmöglichkeiten immer noch nicht aus. Verwaltungsinterne Organisationsstrukturen und Abläufe würden zu selten hinterfragt, schreiben die Autoren der Studie. In der Übersetzung lautet das: Möglichkeiten, Personalkosten zu verringern, bleiben ungenutzt. Zudem kritisieren die Berater von EY, dass städtische Unternehmen vielfach mehr Geld an den Kämmerer überweisen könnten, wenn sie besser aufgestellt wären.

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