Tatverdacht Kinderpornografie "Hinreichender Verdacht" gegen Edathy

BERLIN · Das Landgericht Verden lässt die Anklage der Staatsanwaltschaft gegen den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy zu.

Eine Zeitlang war Sebastian Edathy im Ausland untergetaucht. In Südeuropa. Wo genau, verriet er nicht. Womöglich ist er noch dort. Aber auf der Flucht, nein, das sei er auch nicht. "Ich bin nicht auf der Flucht. Ich entziehe mich keinen behördlichen Maßnahmen", sagte Edathy im März zwei "Spiegel"-Journalisten, denen er sich an seinem ansonsten geheimgehaltenen Aufenthaltsort zum Gespräch stellte. Edathy nutzte die Plattform zur Rechtfertigung: "Ich möchte aber eines ganz klar sagen: Ich bin ein Gegner von Kinderpornografie. Ich hätte nie geglaubt, eine solche Selbstverständlichkeit jemals betonen zu müssen."

Bald muss sich der SPD-Politiker einer behördlichen Maßnahme stellen. Dann hat Edathy, der seit 1998 Bundestagsabgeordneter war, bis er im Februar dieses Jahres "aus gesundheitlichen Gründen" sein Mandat niederlegte, wieder Gelegenheit zur Darstellung seiner Sichtweise. Das Landgericht Verden ließ gestern die Anklage der Staatsanwaltschaft Hannover zu, die wiederum seit dem Sommer gegen den ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten wegen des Verdachts auf Besitz kinderpornografischer Dateien ermittelte.

Für den 23. Februar ist der erste Verhandlungstermin angesetzt. Edathy muss jetzt, nachdem die Klage zugelassen ist, auch mit einem weiteren Einschnitt in seinem Leben rechnen. Die niedersächsische SPD hat ein Parteiausschlussverfahren gegen den 45 Jahre alten Soziologen eingeleitet und nur so lange auf Eis gelegt, wie das Verfahren gegen Edathy nicht abgeschlossen ist.

Die Strafermittler werfen dem früheren Mandatsträger vor, er habe Anfang November 2013 "an sechs Tagen über seinen Bundestagslaptop kinderpornografische Bild- und Videodateien heruntergeladen". Es ist jenes Laptop, von dem Edathy später meldete, es sei ihm gestohlen worden. Auf Edathy waren die Behörden Ende 2013 aufmerksam geworden, nachdem sein Name auf einer Liste mit 800 weiteren Kunden eines kanadischen Versandhändlers aufgetaucht war, der kinderpornografische Dateien verbreitet hatte. Edathy soll dort Material bestellt haben, von dem aber nicht klar war, ob es wirklich strafbar sei. Im "Spiegel"-Gespräch hatte er noch gesagt: "Es war nicht ansatzweise zu erkennen, dass es sich um anderes als legales Material handeln könnte."

Das Gericht teilte dem Ex-Politiker Edathy nun mit: "Es besteht der hinreichende Verdacht, dass der Angeklagte hinsichtlich der in seinen Büroräumen in Rehburg-Loccum aufgefundenen CD 'Movie' und des Bildbandes 'Boys in ihrer Freizeit' den Straftatbestand des Besitzes jugendpornografischer Schriften verwirklicht hat."

Der Fall Edathy hatte im Frühjahr eine Vertrauenskrise der damals noch jungen schwarz-roten Koalition ausgelöst. Im Oktober 2013 hatte der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) vor dem Hintergrund der sich anbahnenden Koalition mit der SPD deren Parteichef Sigmar Gabriel in den Fall eingeweiht, womöglich, um ihn vor falschen Personalentscheidungen zu bewahren. Die Staatsanwälte gingen derweil von einem streng vertraulichen Verfahren aus. Friedrich, der mit Eintritt in die große Koalition Landwirtschaftsminister wurde, trat schließlich zurück, nachdem die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Geheimnisverrats eingeleitet hatte. Friedrich damals: "Ich war davon überzeugt, dass ich politisch wie rechtlich richtig gehandelt habe."

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