Kinderbetreuung in NRW Große Unterschiede bei den Kita-Gebühren

Düsseldorf · Die Kita-Gebühren in NRW entwickeln sich immer weiter auseinander. Laut Steuerzahlerbund liegen zwischen Arnsberg und Siegen fast 200 Euro pro Monat.

Seit die schwarz-gelbe Landesregierung im Jahr 2006 die Nordrhein-Westfalen-weite einheitliche Gebührentabelle abgeschafft hatte, bekommen vor allem Familien mit mittlerem Einkommen die Kassenlage ihrer Heimatstädte deutlich zu spüren. Das geht aus dem neuen Gebührenvergleich des Steuerzahlerbundes Nordrhein-Westfalen in den 57 größten Kommunen des Landes hervor, der am Mittwoch in der Landeshauptstadt Düsseldorf vorgestellt wurde.

Eltern mit einem Jahreseinkommen zwischen 40 000 und 60 000 Euro zahlen für eine U2/U3-Betreuung von 45 Stunden pro Woche im NRW-Durchschnitt 182 Euro. In Arnsberg ist es mit 253 Euro am teuersten. In Siegen (64 Euro) und Viersen (90 Euro) am billigsten.

Großstädte wie Köln (224 Euro) und Bonn (230 Euro) liegen im oberen Drittel, besonders teuer ist es jedoch in den klammen Ruhrgebietsstädten. Duisburg (252 Euro), Oberhausen (251 Euro), Bottrop (244 Euro) und Essen (240 Euro) bitten die Eltern besonders stark zu Kasse.

„Es gibt in Nordrhein-Westfalen eine enorme Spreizung bei den Kita-Gebühren“, sagte Hans-Ulrich Liebern vom Steuerzahlerbund. Viele Städte bemühten sich um eine soziale Staffelung. Befreiungsgrenzen bis zu einem Jahreseinkommen von 15 000 Euro sind die Regel, in Düsseldorf zahlt man erst ab 30 000 Euro, in Münster sogar erst ab 37 000 Euro. Vor allem die mittleren und hohen Einkommen werden laut Analyse des Steuerzahlerbundes in Gemeinden mit schlechter Kassenlage dafür umso höher belastet.

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) bekräftigte jüngst beim Landesparteitag, dass sie für Über-Dreijährige zwei weitere Kita-Jahre beitragsfrei stellen wolle. Einen Zeitpunkt und wie die Kosten von jährlich mindestens 300 Millionen Euro gegenfinanziert werden sollen, ließ sie offen. Das letzte Kita-Jahr vor der Einschulung hatte Rot-Grün bereits 2011 von Gebühren befreit.

Die Kita-Träger fordern stattdessen eine bessere Finanzausstattung durch das Land. Um einen Kollaps und den Ausstieg kirchlicher Träger zu verhindern, verdoppelte Rot-Grün zuletzt die jährliche Erhöhung der Kindpauschalen von 1,5 Prozent auf 3,0 Prozent. Damit sollen stetig steigende Kosten etwa durch Tarifabschlüsse für Erzieher aufgefangen werden. Eine grundsätzliche Kita-Reform soll jedoch erst nach der Landtagswahl 2017 auf den Weg gebracht werden.

Derweil ist auch die Versorgungslage insgesamt am Mittwoch erneut in die Kritik geraten. Wie das Statistische Bundesland mitteilte, besuchten zum 1. März 2016 insgesamt 122 774 U3-Kinder eine Einrichtung oder eine öffentlich geförderte Tagespflege in NRW. Das entsprach einer Quote von 25,7 Prozent und bedeutet, dass NRW bundesweites Schlusslicht bei der Kleinkindbetreuung bleibt.

CDU-Familienpolitiker Bernhard Tenhumberg warf der Landesregierung „chronisches Versagen“ vor. „Wer Kinderarmut wirksam bekämpfen will, der braucht Eltern, denen es möglich ist, Familie und Beruf zu vereinbaren“, sagte Tenhumberg. FDP-Familienexperte Marcel Hafke warf Rot-Grün „Komplettversagen“ vor. Zwar sei die absolute Zahl der Betreuungsplätze im Vergleich zu 2015 um 5346 Plätze leicht gesteigert worden.

Doch angesichts des Geburtenanstiegs, der Einwanderung und des starken Aufholbedarfs sei das viel zu wenig, so Hafke. Das Familienministerium sprach indes von einer „beispiellosen Aufholjagd“. Der Zuwachs betrage seit 2013 insgesamt 40,8 Prozent, der Anschluss an die westdeutschen Flächenländer sei geschafft.

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