Korruption Erste Anklagen in NRW-Bauskandal

DÜSSELDORF · Mit gezielten Indiskretionen und zweifelhaften Mittelsmännern sollen in Nordrhein-Westfalen die Kostenfür Landesbauten in die Höhe getrieben worden sein. Die Staatsanwaltschaft geht von Korruption aus.

Die Ermittlungen liefen zäh: Fast fünf Jahre haben die Wuppertaler Staatsanwälte in einer der größten Korruptionsaffären des Landes ermittelt. Gestern erhoben sie Anklage gegen den früheren Geschäftsführer des skandalgeschüttelten Bau- und Liegenschaftsbetriebs BLB, Ferdinand Tiggemann, und zwei weitere Beschuldigte. Bei den Ermittlungen ging es um dubiose Immobiliengeschäfte in dreistelliger Millionenhöhe mit sagenhaften Kostensteigerungen, den Verdacht von Schmiergeldzahlungen und abenteuerliche Vertragsgestaltungen. Die Anklageschrift ist 400 Seiten stark.

Noch will die Staatsanwaltschaft keine Details der Anklage nennen. Auch der Bonner Anwalt Frank Kloevekorn will die Anklageschrift zunächst einige Tage prüfen. Gegen 36 Beschuldigte im Umfeld des Landesbetriebs liefen aber seit 2010 Strafverfahren wegen des Verdachts der Bestechung, Vorteilsgewährung, Vorteilsnahme und Untreue sowie Steuerdelikten. Dass zunächst nur gegen drei Personen Anklage erhoben wurde, begründete die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf lapidar mit einem "Teilverfahrensabschluss".

Ins Visier der Korruptionsfahnder geriet unter anderem der Bau des Landesarchivs in Duisburg, bei dem die Kosten in wenigen Jahren von 30 Millionen auf rund 200 Millionen Euro in die Höhe schossen. Auch bei der Erweiterung des Polizeipräsidiums in Köln-Kalk, dem Bau des Landesbehördenhauses Bonn, des Justizzentrums Düsseldorf und des Schlosses Kellenberg in Jülich gab es offenbar Ungereimtheiten. BLB-Chef Tiggemann musste nach dem Bekanntwerden erster Vorwürfe im November 2010 gehen.

Mit den zweifelhaften Kostensteigerungen befasste sich auch der Landesrechnungshof und kam unter anderem zum Ergebnis, dass beim Kauf der Kölner Domgärten-Grundstücke für die dort nie angesiedelte Fachhochschule 36 Millionen Euro verbrannt wurden. Der BLB-Untersuchungsausschuss des Landtags hatte sich mit Unregelmäßigkeiten beim Bau des Duisburger Landesarchivs beschäftigt. Bei Grundstücksgeschäften und Bauprojekten sollen dem Land Schäden in zweistelliger Millionenhöhe entstanden sein. </p><p><a href="internal:/article/1671584" id="f220690f-4a75-48ff-9606-acdcb03ae8b1">[kein Linktext vorhanden]

Schon vor Jahren sah die Staatsanwaltschaft bei Tiggemann erste "Indizien" für Untreue. So habe der Chef des Bau- und Liegenschaftsbetriebes nach Erkenntnissen der Ermittler etwa ein Auto bar gekauft, ohne dass auf seinen Konten Barabhebungen feststellbar gewesen seien, hieß es. Der Verdacht: Der Angeklagte Tiggemann könnte Insider-Kenntnisse über geplante Landesbauten in Grundstücksgeschäften zu Geld gemacht haben.

Der 2001 gegründete landeseigene Bau- und Liegenschaftsbetrieb, der Grundstücke für Hochschulen, Haftanstalten und Behörden bewirtschaftet und mehr als 4000 Landesimmobilien verwaltet, stand von Anfang an unter einem schlechten Stern. Trotz seines Bauvolumens von rund einer Milliarde Euro jährlich wurde er schlecht kontrolliert. Die Folge: millionenschwere Misswirtschaft. So wurde nicht nur der Umbau des denkmalgeschützten Duisburger Hafenspeichers ins Landesarchiv zum "Millionengrab".

Bei der schwierigen Suche nach der Wahrheit hat sich der Verdacht der Staatsanwälte gegen Tiggemann & Co. nach einer unendlichen Geschichte offenbar erhärtet. Das Düsseldorfer Landgericht muss nun über die Zulassung der Anklage entscheiden.

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