Doppeltes Gehalt? Deutsche Polizeigewerkschaft verteidigt Wendt

Düsseldorf · Sold als Polizist beziehen - aber gar nicht als Polizist arbeiten? Rainer Wendt, Deutschlands bekanntestes Gesicht einer Polizeigewerkschaft, steht unter Druck. Die Sache könnte auch für den NRW-Innenminister sehr unangenehm werden.

Rainer Wendt gilt als kompromissloser Verfechter von „Law and Order“. Gegen sein Image als harter Hund hat der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) nichts einzuwenden. „Ich finde es schon richtig, dass man sich an Recht und Gesetz hält“, sagte er. Sein eigenes Verhalten ist nun aber im Zwielicht, wurde Wendt doch vom Land Nordrhein-Westfalen jahrelang als Polizist bezahlt. Doch leistete er gar keinen Polizeidienst - sondern quasi ausschließlich Gewerkschaftsarbeit.

Der 60-Jährige verabschiedete sich nach Bekanntwerden des heiklen Dienstverhältnisses schnell in den vorzeitigen Ruhestand. Damit dürfte das letzte Wort aber nicht gesprochen sein.

Linke und Grüne greifen Wendt scharf an. Die CDU attackiert vor allem den nordrhein-westfälischen Innenminister Ralf Jäger (SPD), der oberster Dienstherr Wendts war. Die Union fordert nun Erklärungen im Landtag-Innenausschuss, warum der Gewerkschafter ohne zu arbeiten Sold aus der Landeskasse bezog. Der Fall Wendt, so hoffen manche, könnte zwei Monate vor der Landtagswahl zum Fall Jäger werden.

Wenn Wendt seinen Beamtensold nämlich zu Unrecht bekommen haben sollte, dürfte das heikle Fragen an seinen obersten Dienstherrn aufwerfen. Dabei wurde die Sache gar nicht vom amtierenden Minister Jäger eingefädelt. Um die Sache noch kurioser zu machen: Wendt ist bekennendes CDU-Mitglied.

Der Duisburger wehrte sich am Sonntag vor allem gegen Vorwurf, eine „Raupe Nimmersatt“ zu sein: „In der Summe übersteigen meine Einkünfte das Gehalt eines Hauptkommissars nicht“, sagte er der dpa. Die Freistellung sei von seinem Dienstherrn offiziell im Dezember 2000 abgesegnet worden und damit aus seiner Sicht rechtlich einwandfrei. Damals war Fritz Behrens (SPD) Innenminister in NRW.

„Als ich 1997 Landesvorsitzender geworden bin, habe ich das durchgängig neben meinem Schichtdienst als Polizist gemacht. Irgendwann ging das nicht mehr“, sagt Wendt.

Dass die Kritik nun auch aus seiner eigenen Partei kommt, lässt ihn scheinbar kalt: „Die Vorstellung, ich hätte mich von einem SPD-Innenminister kaufen lassen, ist doch völlig idiotisch. Da wird jetzt Wahlkampf gemacht.“

Wendt selbst hatte Journalisten von „Report München“ laut deren Bericht zuerst gesagt, er werde nicht vom Land NRW bezahlt, sondern von der Gewerkschaft. Nach dem Interview rief er demnach die Journalisten nochmal an, bat um ein neues Gespräch und räumte seine Besoldung als Hauptkommissar ein. Beim ersten Gespräch habe er Jäger schützen wollen, erläuterte er laut dem Bericht.

In der Öffentlichkeit ist Wendt als Dauergast in Talkshows bekannt. Der Duisburger zog in den vergangenen Monaten auf Veranstaltungen und in den Medien alle Register. Wie immer eigentlich, jetzt aber noch einmal besonders, da viele Menschen sich um die öffentliche Sicherheit sorgen und Angst vor Terroristen und Gewalttätern haben.

Er versteht sich als Fürsprecher für einen starken Staat, für mehr Polizei und zieht in seinem Buch „Deutschland in Gefahr“ gegen „Kuscheljustiz“ und „Spaßpädagogik“ zu Felde. Den Bucherlös spendete Wendt an die Verkehrsunfall-Opferhilfe und die DPolG-Stiftung Bayern. „Eine fünfstellige Summe.“

Der 60-Jährige hat fünf Kinder und drei Enkel - und sagt über sich, als „straffer Vertreter von Recht“ spreche er gern „eine klare Sprache“. Bundeschef seiner Gewerkschaft ist Wendt seit 2007, er sitzt auch im Bundesvorstand des Beamtenbunds dbb, unter dessen Dach die DPolG angesiedelt ist.

Die Co-Finanzierung des Gewerkschaftschefs aus NRW-Steuermitteln ist ein Geschenk für seine zahlreichen Gegner. Während Politiker der Linken mutmaßen, damit habe ausgerechnet Rot-Grün in NRW die DGB-Gewerkschaften schwächen wollen, hat die CDU nun eine Erklärung dafür, dass Wendt für den SPD-Innenminister in der Vergangenheit so viele freundliche Worte fand.

Von seiner Gewerkschaft erhielt Wendt am Sonntag volle Rückendeckung. Er will Gewerkschaftschef bleiben. Seine Amtszeit endet in drei Jahren. Laut Satzung könnte er dann erneut kandidieren.

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