Nachfolge im Unternehmen: Königswinterer Möbelfirma Brune Design statt Eckbank

Manchmal rutscht es Wolfgang Brune noch über die Lippen. Das "wir". Dann muss der 73-Jährige über sich selbst grinsen, er beugt sich leicht über den Tisch und sagt zu Andreas Fertig: "Das seid ja jetzt ihr."

 Käufer und Verkäufer: Wolfgang Brune (rechts) hat sein Unternehmen an Andreas Fertig abgegeben, der dort mit seiner Frau Christina arbeitet.

Käufer und Verkäufer: Wolfgang Brune (rechts) hat sein Unternehmen an Andreas Fertig abgegeben, der dort mit seiner Frau Christina arbeitet.

Foto: Frank Homann

Wer fast sein gesamtes Berufsleben als Unternehmer verbracht hat, muss sich an den Ruhestand, den andere herbeisehnen, erst gewöhnen. Seit dem 1. Januar 2015 gehört die Oberpleiser Brune Sitzmöbel GmbH dem 28 Jahre jüngeren Andreas Fertig. Es war ein Abschied auf Raten: In drei Schritten ab dem Jahr 2012 verkaufte Brune die von seinem Vater gegründete Möbelfabrik an den Mann, den er bereits 2002 als Geschäftsführer in sein Unternehmen holte.

Heute hat Wolfgang Brune erreicht, was er wollte: Es geht weiter im Unternehmen. "Mein Hauptziel ist es gewesen, den Mitarbeitern eine Zukunft zu bieten", sagt der Kölner. Deshalb habe er sich schon früh Gedanken gemacht, wie es mit dem traditionsreichen Betrieb - der Vater reklamierte für sich die Erfindung der industriell gefertigten Kücheneckbank - einmal weitergehen sollte. Schließlich hatten seine zwei Töchter ihm beide als potenzielle Nachfolgerinnen abgesagt.

Wolfgang Brune wusste auch früh, wie er es nicht machen wollte. "Die Probleme bei der Übernahme des Betriebs von meinem eigenen Vater steckten mir noch in den Knochen", sagte er. Dass er die Firma eines Tages führen wollte, habe für ihn von Anfang an festgestanden. Die Geschwister zahlte er aus, doch der Vater habe die wirtschaftlichen Entscheidungen des Juniors auch lange nach dem Wechsel noch kritisch beäugt. "Gründer müssen nun einmal oft Despoten sein", sagt Brune.

Er selber wollte seinem Nachfolger nicht im Weg stehen, sagt er, sondern habe schon in den Jahren vor der Übernahme die neuen Ideen des Jüngeren geschätzt. Den Wandel haben sie noch gemeinsam gestaltet. Um die Jahrtausendwende steckte die Firma Brune tief in der Krise. Stühle und Bänke als Massenware, mit denen der Firmengründer in der Nachkriegszeit Erfolge feierte, waren nicht mehr gefragt. Die lieferte die Konkurrenz aus Fernost deutlich günstiger. "Anfangs haben wir alle Möbel selbst entworfen, es ging einfach darum, den Bedarf zu decken", erinnert sich Brune.

Geschäftsführer Fertig holte dann das moderne Design ins beschauliche Oberpleis. Von außen wirken die Werkshallen wie seit Jahrzehnten. Innen hängen mittlerweile in der auf Hochglanz dekorierten Ausstellungshalle die Auszeichnungen für Möbeldesign an den Wänden. Statt Kücheneckbänken verlassen moderne Schalensessel für Tagungsräume in den Chefetagen das Werk mit rund 60 Beschäftigten.

"Man kann in dieser Branche zwar nicht auf einen Schlag reich werden, aber man ist von schönen Dingen umgeben", sagt Betriebswirt Fertig, der eher zufällig über einen Personalberater seinen Weg in die Möbelbranche fand. Auch er konnte sich seine Entscheidung für den Einstieg bei Brune in aller Ruhe überlegen. Das endgültige Votum fiel in einem Urlaub, den Businessplan im Restaurant auf eine Papierserviette gekritzelt. "Es musste für uns ja auch finanziell ein halbwegs kalkulierbares Risiko sein", sagt Fertig, dessen Frau Christina ihn mittlerweile als Marketingleiterin im Unternehmen unterstützt.

Im vergangenen Jahr sei der Umsatz leicht gestiegen, sagt er. Das Unternehmen schreibe schwarze Zahlen. Jetzt wird in eine automatische Fräsmaschine investiert. Wolfgang Brune lauscht den Zukunftsplänen seines Nachfolgers. Wehmut? "Nein, die verspüre ich nicht", sagt Brune. Ungewohnt sei die neue Situation manchmal. Dann muss er los. Mit der Enkelin einen Schulranzen kaufen.

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