NRW-Ministerpräsident kritisiert Autoinstustrie "Der Autofahrer darf nicht für die Fehler anderer zahlen müssen"

Düsseldorf · NRW-Ministerpräsident Armin Laschet setzt sich für eine umfassende Hardware-Umrüstung der privaten Diesel-Flotte auf Kosten der Industrie ein.

 Ein Messschlauch eines Gerätes zur Abgasuntersuchung für Dieselmotoren.

Ein Messschlauch eines Gerätes zur Abgasuntersuchung für Dieselmotoren.

Foto: dpa

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat vor dem heutigen Diesel-Gipfel die sorgfältige Abwägung von ökologischen und ökonomischen Interessen angemahnt. „Ein Drittel der deutschen Automobilzulieferer sitzt in NRW. Deshalb ist das, was auf dem Gipfel beschlossen wird, auch für Arbeitsplätze in NRW bedeutend“, sagte Laschet gestern.

Rund 800 Autozulieferer, darunter Unternehmen wie Thyssenkrupp, Rheinmetall, Benteler oder Hella, beschäftigen in NRW 200.000 Mitarbeiter. „Davon arbeiten mehrere Tausend für Diesel-motoren“, sagte Laschet unter Berufung auf Angaben der IG Metall.

Ziel der Hersteller ist bislang, vor allem mit günstigen Softwareupdates der Motorsteuerung niedrigere Emissionen zu erreichen. Kritiker gehen davon aus, dass die Emissionen über solche Updates aber nur um fünf Prozent gesenkt werden. Auch Laschet ist das nicht genug: „Solche Softwareupdates sind das Minimum“, sagte er. Er erwarte auch eine umfassende Hardware-Umrüstung der privaten Diesel-Pkw-Flotte in Deutschland, und zwar auf Kosten der Automobilindustrie: „Der Autofahrer darf nicht für die Fehler anderer zahlen müssen“, so Laschet mit Blick auf die sich verdichtenden Vorwürfe gegen die Branche, die mit beinahe flächendeckenden Manipulationen bei den Abgaswerten ihrer Autos betrogen haben soll.

Kein Schaden für Autokäufer

Die Autokäufer dürften auch deshalb keinen Schaden davontragen, weil die deutsche Politik sie jahrelang zum Kauf von Dieselfahrzeugen gedrängt habe. Laschet macht sich zudem für einen Fonds zur Umrüstung der städtischen Fahrzeugflotten (Busse, Müllabfuhr, Landschaftsbetriebe) stark, an dessen Finanzierung die Automobilindustrie sich ebenfalls beteiligen soll. Es gebe in Deutschland 26.000 Dieselbusse. Bei 24.000 davon lohne sich die Umrüstung des Dieselmotors auf den neuesten Stand. Die Kosten lägen bei 12.000 bis 15.000 Euro je Fahrzeug, so dass der Fonds mit einem Volumen von 300 Millionen Euro ausgestattet werden müsste.

Von den 28 Ballungsräumen in Deutschland, deren Schadstoffwerte die EU-Grenzwerte überschreiten, liegt nach Laschets Einschätzung etwa die Hälfte in NRW. Mit Aachen, Köln, Essen, Bonn, Düsseldorf und Gelsenkirchen werden aktuell sechs NRW-Städte von der Deutschen Umwelthilfe auf Gegenmaßnahmen wie Fahrverbote verklagt. „Direkt nach dem Gipfel werde ich mich mit den Oberbürgermeistern dieser Städte beraten, wie wir zu schnellen Umsetzungen kommen“, so Laschet. Der Gipfel müsse entsprechend schnell umsetzbare, substanzielle und auch überprüfbare Vorschläge zur Problemlösung bringen.

Vorwurf der Grünen

Die SPD im NRW-Landtag ist nicht weit von Laschets Vorstellungen entfernt. Auch die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sarah Philipp fordert: „Es muss klar sein, dass die Automobilindustrie die Nachbesserung ihrer Fahrzeuge auf eigene Kosten zu leisten hat. Das ist nicht mehr als Mängelbeseitigung.“ Auf dem Gipfel müsse Laschet zeigen, dass er NRW wie im Wahlkampf versprochen wirkungsvoll auf Bundesebene vertreten könne.

Grünen-Fraktionschef Arndt Klocke warf Laschet vor, sich mit dem Slogan „Rettet den Diesel“ zum Schutzpatron der Automobilindustrie aufzuspielen. Das sei nicht mehr zeitgemäß. Aber auch Klocke folgt Laschet darin, dass die Automobilindustrie die Kosten der Umrüstung alleine finanzieren soll.

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