Köln-Besuch der Kanzlerin Angela Merkel besucht das Bundesamt für Verfassungsschutz

KÖLN · Es ist schon lange her, dass ein Regierungschef das Bundesamt für Verfassungsschutz besucht hat. 1979 war das, in der Hochphase des linksextremistischen RAF-Terrors. Damals war es Helmut Schmidt, der sich über die Arbeit des Inlandsgeheimdienstes vor Ort informierte.

Am Freitag, also 35 Jahre später, kam Schmidts Nach-Nach-Nachfolgerin Angela Merkel 90 Minuten in die Zentrale des Verfassungsschutz in Köln-Chorweiler. Auf ihrem Programm: Gespräche mit Behördenleiter Hans-Georg Maaßen und den Abteilungsleitern sowie eine Mitarbeiterversammlung und der Besuch in einem Büro.

Ihr Hauptanliegen sei es gewesen, "denjenigen zu danken, die hier täglich arbeiten, Videos auswerten und Menschen verfolgen, die zum Teil dramatische, radikale und schreckliche Taten planen und begehen", sagte Merkel zum Abschluss ihres Besuchs vor Journalisten. Dass Deutschland "doch insgesamt in einer sehr guten Verfassung ist, hat viel zu tun mit der guten Arbeit des Verfassungsschutzes", betonte die Bundeskanzlerin. Das hätte sie auch in der Mitarbeiterversammlung gesagt.

Dazu waren gestern Mittag rund 800 Bedienstete in die Kantine des Bundesamtes gekommen. Merkel sei dort sehr gut angekommen, sagte einer, der dabei war, hätte auch viel Beifall bekommen. Mehr aber wollte er nicht sagen. Auch andere Kollegen hüllten sich dazu in Schweigen - kein Wunder bei einer Behörde, in der das Prinzip der Geheimhaltung quasi systemimmanent ist.

In ihrem zwei Minuten und 20 Sekunden kurzen Statement berichtete Merkel davon, dass sie sich über langjährige Herausforderungen wie den Rechts- und den Linksextremismus informiert hätte, "aber eben auch über neue Phänomene, wie wir sie im Zusammenhang mit den Salafisten und Dschihadisten haben".

Die Bundeskanzlerin äußerte sich aber nicht dazu, wie man der zunehmenden Gefahr des islamistischen Terrors besser begegnen könne. Erst am vorigen Wochenende hatte der Verfassungsschutzpräsident davon gesprochen, dass seine Behörde inzwischen 6300 Menschen in salafistischen Gruppen zähle. Ende des Jahres könnten es laut Maaßen sogar 7000 sein.

Als neue Herausforderung für den Verfassungsschutz gilt seit dieser Woche - konkret seit der gewaltsam verlaufenen Demonstration vom vorigen Sonntag in Köln - die Beobachtung von Zusammenschlüssen gewaltbereiter Hooligans und Rechtsextremisten. So jedenfalls hat es in dieser Woche die stellvertretende SPD-Bundestagsfraktionschefin Eva Högl gesagt. Merkel ging darauf nicht ein, und Maaßen meinte, als er von einem Journalisten darauf angesprochen wurde: "Über Hooligans sage ich heute nichts."

Die Kanzlerin erinnerte hingegen daran, dass in der Kölner Behörde "zum Teil schwerwiegende Dinge der Vergangenheit aufgearbeitet werden müssen". Schließlich sei im NSU-Untersuchungsausschuss zu Tage gefördert worden, "dass hier im Bundesamt für Verfassungsschutz Veränderungsbedarf bestand".

Jahrelang hatte die Neonazi-Zelle NSU unerkannt Morde und Sprengstoffanschläge in Deutschland verübt. Das Versagen der Verfassungsschützer gipfelte darin, dass kurz nach Bekanntwerden der NSU-Verbrechen Akten über Rechtsextreme geschreddert wurden. "Wir haben seitdem viel Kritik einstecken müssen", sagte eine Mitarbeiterin und fügte hinzu, "von daher ist es schön, dass sich die Bundeskanzlerin hinter uns stellt."

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