5,4 Millionen Stunden Mehrarbeit Überstunden bei der NRW-Polizei häufen sich

DÜSSELDORF · Die rund 40.000 Polizisten in NRW schieben aktuell rund 5,4 Millionen Überstunden vor sich her. Die Beamten sollen sie abfeiern, doch das geht nicht. Ein Blick auf die Gründe.

Eine neue Erhebung zu den aufgestauten Überstunden bei der NRW-Polizei relativiert die von der Landesregierung versprochenen 300 zusätzlichen Polizisten pro Jahr. Laut einem noch unveröffentlichten Bericht des Innenministeriums für den Landtag, der unserer Redaktion vorliegt, schieben die rund 40.000 Polizisten in NRW aktuell 5,434 Millionen Überstunden vor sich her.

Arnold Plickert, NRW-Chef der Polizeigewerkschaft GdP, sagt: „Alleine diese Überstunden entsprechen schon der Jahresarbeitszeit von 3176 Polizisten.“ Die neue Überstunden-Berechnung von NRW-Innenministers Herbert Reul (CDU) ist die erste seit 2015. „Das bedeutet, dass Reuls Vorgänger Ralf Jäger zwei Jahre lang gar nicht wusste, wie viel Personal er eigentlich braucht“, meinte Plickert und sprach von einem „unprofessionellen Blindflug.“

3,6 Millionen der jetzt erfassten Überstunden fielen durch Mehrarbeit etwa beim Schutz von Großveranstaltungen an. Allein beim G20-Gipfel in Hamburg sammelten die entsandten NRW-Polizisten rund 200.000 Überstunden an. Die übrigen 1,8 Millionen entstanden durch die normalen Schicht- und Einsatzpläne, die von vornherein Überstunden für die Polizeibeamten einplanen.

Reul will pro Jahr 500 Polizeiverwaltungsbeamte einstellen

Geplant ist allerdings, dass die Polizeibeamten diese Überstunden abfeiern können – aber das geht wegen der bislang dünnen Personaldecke nicht. Ein weiteres Problem der Polizisten: Ein großer Teil der angesammelten Überstunden verfällt Ende 2018. Deshalb fordert Plickert von Reul „unverzüglich einen Erlass, der den Verfall der Überstunden stoppt“. Der GdP-Funktionär regt die Einführung von Lebensarbeitszeitkonten für die Polizei an, damit der Verfall von Überstunden künftig kein Thema mehr ist.

Nach Plickerts Berechnungen auf Grundlage der neuen Zahlen fallen bei der NRW-Polizei pro Jahr zwischen 1,5 und zwei Millionen Überstunden an. Das entspreche 120 bis 130 Stellen. Die 300 zusätzlichen Stellen pro Jahr, die Schwarz-Gelb für die Polizei versprochen hat, wirken sich nur zeitverzögert aus. Die Ausbildung der Anwärter dauert aber jeweils drei Jahre.

Hinzu kommt, dass in den kommenden Jahren außergewöhnlich viele NRW-Polizisten pensioniert werden, so dass Plickert erst im Jahr 2022 mit tatsächlich zusätzlich verfügbaren Polizeikräften rechnet. Allerdings will Reul zusätzlich pro Jahr noch 500 Polizeiverwaltungsbeamte zur Entlastung der Polizei bei Routineaufgaben einstellen.

Es ist noch unklar, ab wann und wie viele Polizisten dadurch zusätzlich auf die Straße kommen. Außerdem will Reul den Polizeibeamten einen Teil der Überstunden abkaufen. Im Nachtragshaushalt 2017 ließ er die entsprechende Position auf 18 Millionen Euro aufstocken. Der vollständige Rückkauf aller Überstunden würde einen dreistelligen Millionenbetrag verschlingen. Die Überstunden sind am Donnerstag Thema im Innenausschuss. Erwartet wird, dass Reul dort zur Forderungen der Polizisten nach Lebensarbeitszeitkonten Stellung nimmt.

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