Volker Rühe "Wir können uns nicht verstecken"
BONN · Drei Jahre war Volker Rühe als Generalsekretär die scharfzüngige Speerspitze der CDU, danach - von 1992 bis 1998 - Bundesverteidigungsminister.
Seit er 2005 aus dem Bundestag ausschied, ist es stiller um ihn geworden, doch seine außen- und sicherheitspolitische Expertise ist weiterhin gefragt: Derzeit leitet er eine Bundestagskommission, die über eine Lockerung des Parlamentsvorbehalts bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr berät.
Vor dem Internationalen Club La Redoute referierte Rühe gestern zum Thema "Deutschlands Verantwortung - Aktuelle Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik". Wo liegen die Möglichkeiten, wo die Grenzen der deutschen Politik angesichts der aktuellen Krisen in Osteuropa? Für Rühe ist klar: Deutschland muss mehr Verantwortung übernehmen. "Wir können uns nicht verstecken", sagte der CDU-Politiker, "Deutschland darf militärisch keinen Sonderweg gehen." Und mit Blick auf Afghanistan, wo die Bundeswehr anfangs vor allem nur Brunnen gebaut habe, mahnte er: "Wir müssen dasselbe Risiko tragen wie unsere Partner."
In einer Zeit, in der sich die USA immer mehr aus Europa zurückzögen, müsse Europa militärisch stärker werden. "Wir brauchen keine europäische Armee, aber europäische militärische Strukturen", so der Ex-Verteidigungsminister. Er befürwortet eine militärische Arbeitsteilung: "Nicht jeder Staat braucht eigene Panzer, nicht jeder eigene Jagdflugzeuge." Voraussetzung dafür sei aber, dass man sich aufeinander verlassen könne. Deshalb, so ergänzt er mit Blick auf die Bundestagskommission, sei es erforderlich, "dass sich Regierung und Parlament frühzeitig binden mit Bezug auf transnationale militärische Zusammenarbeit". Sorge macht Rühe, dass es derzeit praktisch keinen Kontakt zur russischen Militärführung gibt. "Das Risiko, dass es zu einer unbeabsichtigten Eskalation kommt, ist groß."