Neuer Anteilseigner Russischer Investor steigt am Nürburgring ein

Nürburg · Foto-Finish am Nürburgring: Einen Tag vor Ende einer Zahlungsfrist taucht überraschend ein russischer Investor als neuer Anteilseigner auf. Er zahlt gleich zwei millionenschwere Raten. Capricorn-Chef Wild ist seine Anteile los, arbeitet aber auch künftig am Ring mit.

Für den krisengeplagten Nürburgring hat sich überraschend ein neuer Geldgeber gefunden. Der russische Investor Viktor Charitonin kauft sich bei der insolventen Rennstrecke samt Freizeitpark ein. Der Geschäftsmann sei an der Firma NR Holding beteiligt, die zwei Drittel an der Besitzgesellschaft übernommen habe, teilten die Ring-Sanierer am Donnerstag mit. Damit sei der Kaufvertrag planmäßig umgesetzt. Eine im schlimmsten Fall drohende Stilllegung der Asphaltschleife ist damit vom Tisch.

Die Sanierer sprachen mit Blick auf die NR Holding von einem finanzstarken und langfristigen Partner. Der Chef des Autozulieferers Capricorn, Robertino Wild, der bis vor kurzem die nun von der NR Holding erworbenen Anteile hielt, ist trotz allem aber nicht gänzlich raus. Er wird in leitender Funktion in Ringgesellschaften tätig sein.

Der Investor ist eingestiegen, kurz bevor am Freitag eine zweite Kaufpreisrate von fünf Millionen Euro für die Eifel-Rennstrecke fällig geworden wäre. Mittlerweile hat sie der neue Anteilseigner bereits bezahlt - auch Geld für eine Rate im Dezember sei schon geflossen. "Dies ist ein positives Signal für Veranstalter, Kunden und Mitarbeiter", sagte der Sprecher der Sanierer, Pietro Nuvoloni.

Auch in der Mainzer Staatskanzlei wurde das Ganze positiv bewertet. "Die Nachricht der Insolvenzverwalter, dass die Verträge erfüllt werden und die fälligen Raten für dieses Jahr komplett bezahlt sind, ist für den Nürburgring eine wichtige und gute Nachricht", sagte Vize-Regierungssprecher Marc Wensierski. Mitte Oktober hatte die Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) noch im Landtag an die Käufer appelliert: "Erfüllen Sie die Verträge."

Der Ring war im März für 77 Millionen Euro an die Capricorn Nürburgring Besitzgesellschaft (CNBG) gegangen, an der Wild bis vor kurzem zwei Drittel der Anteile hielt. Er hatte sie auf einen Treuhänder übertragen, nun sind sie auf NR Holding übergegangen. Das übrige Drittel hält weiter die Motorsportfirma Getspeed. Bis vor kurzem war offen, ob Wild oder Getspeed die Rate zahlen können. Es gab Spekulationen über Zahlungsschwierigkeiten. Sie waren nach Ansicht von Wild vor allem durch Medienberichte entstanden.

Der Capricorn-Chef hatte unter anderem eine Gemäldesammlung doppelt beliehen. Ring-Sachwalter Jens Lieser hatte deshalb vor einigen Wochen davon gesprochen, dass das Vertrauensverhältnis beeinträchtigt

sei. Wenn die aktuelle Rate nicht gezahlt worden wäre, hätte der gesamte Kaufvertrag platzen können. Nun wechselt lediglich ein Gesellschafter. Die Rennen am Ring und andere Veranstaltungen sollen davon nicht betroffen sein. Die Rennstrecke, auf der auch die Formel 1 ihre Runden dreht, lockt seit 1927 Motorsportfans und Touristen an.

"Ich bin glücklich, dass es uns gelungen ist, eine langfristig stabile Lösung zu finden", sagte Wild der Nachrichtenagentur dpa. Möglich hätten dies private Kontakte gemacht. Wild arbeitet künftig wieder als Geschäftsführer der CNBG und zudem als Geschäftsführer der neu eingestiegenen NR Holding AG an der Weiterentwicklung des Rings mit. Die neuen Investoren hätten keine "verrückten Ertragserwartungen", betonte Wild. Sie betrachteten es als langfristiges Projekt. Die Gesellschaft verfüge über genügend Finanzkraft, um alle weiteren Verpflichtungen zu erfüllen. Insofern sei man unabhängig von Banken und Fremdfinanzierungen.

Turbulenzen gibt es am Nürburgring schon seit Jahren. Die frühere SPD-Alleinregierung unter dem damaligen Ministerpräsident Kurt Beck hatte dort vor einigen Jahren einen zu großen Freizeitpark bauen lassen. Bis zu einer halben Milliarde Euro Steuergeld gilt deshalb als verloren. Der Versuch der Privatfinanzierung scheiterte 2009, weshalb der rheinland-pfälzische Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) zurücktrat. Ein Schweizer Geschäftsmann hatte zuvor einen angeblichen US-Investor in Aussicht gestellt, dessen Scheck sich als ungedeckt herausstellte. Das Landgericht Koblenz verurteilte Deubel im April 2014 wegen Untreue zu dreieinhalb Jahren Haft, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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