Kardinäle rufen zur Integration von Flüchtlingen auf "Neues Zeitalter der Heimatlosigkeit"

Die 27 deutschen (Erz-)Bistümer gehen davon aus, dass die Hilfe für die Flüchtlinge eine langfristige ist, und haben deshalb auf ihrer in Fulda bis Donnerstag tagenden Herbstvollversammlung den Hamburger Erzbischof Stefan Heße zum Sonderbeauftragten für Flüchtlingsfragen ernannt, dem ein Stab von Mitarbeitern zur Seite gestellt wird.

Für Erzbischof Reinhard Kardinal Marx, den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, "ist Geld nicht alles." Vor der Presse sagte er am Dienstagnachmittag: "Wichtig ist, die gegenwärtige Hilfsbereitschaft in eine langfristige Integrationshilfe umzuwandeln." Nach Kardinal Marx bringen die deutschen Katholiken (ohne Ordensgemeinschaften) im laufenden Jahr mindestens 100 Millionen Euro für die Flüchtlingshilfe auf und stellen über 600 kirchliche Wohnungen zur Verfügung, über 100.000 katholische Christen beteiligen sich ehrenamtlich an der Hilfe für die Flüchtlinge.

Besonderen Dank sprachen die Bischöfe, die während ihrer anderthalbtägigen Beratungen über die Flüchtlingshilfe auch Oberbürgermeister, Caritasleiter und ehrenamtliche Einsatzhelfer eingeladen hatten, der Bundesregierung für ihre großzügige Willkommenskultur aus. Im Blick auf Ungarn meinte der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki: "Stacheldraht und Wasserwerfer sind kein Mittel zur Begrüßung von ausgemergelten Menschen."

Kardinal Woelki, der kürzlich in seiner Eigenschaft als Caritas-Bischof der Deutschen Bischofskonferenz den Kosovo und Albanien besucht hatte, wandte sich gestern vor der Presse gegen den weit verbreiteten Eindruck, dass es sich bei den Asylsuchenden vom Balkan um "Wirtschaftsflüchtlinge" handele.

Bei diesen Flüchtlingen handele es sich um Roma, die in ihrer Heimat "teils starker Diskriminierung ausgesetzt sind": "Die historische Verantwortung, die unser Land gegenüber Roma und verwandten Gruppen hat, darf nicht einfach vom Tisch gewischt werden. Allein schon deshalb ist in der Frage des Umgangs mit Asylbewerbern vom westlichen Balkan eine besondere Sensibilität angeraten."

Kardinal Marx dankte nicht zuletzt den vielen namentlich nicht genannten Personen und Initiativen, "die bei der Aufnahme von Flüchtlingen geholfen haben." Dass es in so vielen Kirchengemeinden spontane Bereitschaft zum Engagement gebe, "ist ein gutes Zeichen auch für die Lebendigkeit unserer Gemeinden." Und er fügte hinzu: "Wir stehen in einem neuen Zeitalter der Heimatlosigkeit."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort