Abgasaffäre bei Volkswagen Die wichtigsten Fragen zum Millionen-Rückruf

Wolfsburg · Auf eine freiwillige Korrektur der Abgastechnik durch VW will sich das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) nicht verlassen. Alle betroffenen Fahrzeuge müssen zurückgerufen werden. Die wichtigsten Fragen beantwortet Wolfgang Mulke.

 Auf dem Teststand: Ein Ingenieur bei der Abgasüberprüfung eines VW-Dieselfahrzeugs.

Auf dem Teststand: Ein Ingenieur bei der Abgasüberprüfung eines VW-Dieselfahrzeugs.

Foto: dpa

Warum greift das Amt so durch?

  • Volkswagen hat dem Amt vor einer Woche Vorschläge unterbreitet, wie das Unternehmen für die Einhaltung der Abgaswerte bei seinen Dieselmodellen vorgehen will. Der VW-Plan sah einen freiwilligen Austausch der manipulierten Software sowie die technische Nachrüstung bei manchen Modellen vor. Das Kraftfahrt-Bundesamt besteht aber darauf, dass alle Fahrzeuge die gesetzlichen Normen einhalten, und ordnete daher die Rückrufpflicht an.

Müssen die Besitzer betroffener Modelle selbst aktiv werden?

  • Die VW-Kunden müssen sich erst einmal um nichts kümmern. Sie werden nächstes Jahr von Volkswagen angeschrieben. Alles Weitere hängt von einer Reihe noch ungeklärter Details ab. Wie lange der Austausch der Software dauern und wann die gegebenenfalls notwendige Nachrüstung abgeschlossen sein wird, ist offen.

Was geschieht mit den Fahrzeugen in der Werkstatt?

  • Der Autokonzern arbeitet noch an den Plänen für die Nachrüstung der rund 2,4 Millionen Fahrzeuge seiner Marken. Es gibt für die Motoren verschiedene Lösungsansätze. Bei den Zwei-Liter-Dieseln muss nach Erkenntnissen des KBA nur eine neue Software installiert werden. Dies reiche zur Erfüllung der Abgasnorm, sagte Verkehrsminister Alexander Dobrindt. Bei den Fahrzeugen mit einem 1,6-Liter-Diesel ist es damit nicht getan. Hier müssen zusätzliche Teile eingebaut werden, um die Abgase entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu reinigen. Was mit den 1,2-Liter-Maschinen geschehen soll, hat VW noch nicht bekannt gegeben.

Was kostet die Rückrufaktion und wer bezahlt sie?

  • Die Gesamtkosten lassen sich nicht abschätzen. Sie hängen vom Aufwand ab. Die Installation einer neuen Software ist kostengünstig. Teile auszuwechseln wird teurer - allein schon, weil die Fachkräfte länger dafür brauchen. Auch steht noch nicht fest, welche Betriebe mit der Ausführung betraut werden. Die Kosten will Volkswagen übernehmen.

Darf das Auto bis zur Nachrüstung wie üblich genutzt werden?

  • Es sind keine Einschränkungen beim Betrieb vorgesehen. Verkehrsminister Dobrindt verweist darauf, dass die Fahrzeuge verkehrssicher sind.

Bekomme ich während der Reparatur ein Ersatzfahrzeug?

  • Darüber ist noch nichts bekannt, da die Einzelheiten der Rückrufaktion noch nicht feststehen.

Kann ich meine Grüne Plakette verlieren?

  • Derzeit besteht diese Gefahr nicht. Undenkbar ist dies aber auch nicht, wenn sich herausstellt, dass die manipulierten Motoren weitaus mehr Abgase rausblasen als in Umweltzonen erlaubt. Das KBA geht davon jedoch nicht aus.

Droht Autobesitzern eine Steuernachzahlung? Müssen sie Abwrackprämien zurückzahlen?

  • Beides ist laut Bundesregierung nicht geplant. Wenn es Sanktionen für die Manipulation der Abgaswerte gibt, werden sie allein den Hersteller treffen.

Von welchen Modellen und Baujahren ist die Rede?

  • Es geht um Drei- und Vierzylinder Turbodiesel mit Direkteinspritzung aus den Jahren 2008 bis 2014 und der Norm Euro 5. Betroffen sind verschiedene Modelle der gesamten Markenfamilie, also auch von Audi, Seat und Skoda.

Wie stelle ich fest, ob mein Fahrzeug betroffen ist?

  • Im Internet können sich VW-Kunden auf der Internetseite info.volkswagen.de darüber informieren, ob ihr Modell zu denen gehört, deren Software manipuliert wurde. Dazu muss nur die Fahrzeug-Identifizierungsnummer eingegeben werden, die sich im Service-Handbuch sowie im unteren Bereich der Windschutzscheibe findet. Ähnliche Seiten haben Seat, Skoda und Audi eingerichtet.

Muss ich auf den Rückruf reagieren?

  • Das KBA hat eine Nachrüstungspflicht angeordnet. Das bedeutet, dass jeder Halter eines betroffenen Modells dem Ruf in die Werkstatt Folge leisten muss. Es ist auch im Eigeninteresse der Eigentümer. Denn der Wiederverkaufswert nicht nachgerüsteter Fahrzeuge dürfte stark sinken.

Könnte anderen Herstellern eine ähnliche Rückrufaktion auferlegt werden?

  • Es könnte bald weitere Paukenschläge in der Branche geben. Denn das Kraftfahrt-Bundesamt schickt derzeit die Dieselmodelle von VW und anderer Hersteller auf den Prüfstand, um die tatsächlichen Abgaswerte zu ermitteln. Dabei misst die Behörde die Emissionen diesmal nicht nur im Labor, sondern auch unter realistischen Bedingungen im Straßenverkehr. Die Ergebnisse will die Bundesregierung veröffentlichen.

Steht die Dieseltechnik nun vor dem Aus?

  • Der Skandal wird nichts am Einsatz von Dieselmotoren ändern. Wirtschaftlich sind Diesel aus deutscher Sicht höchst interessant, weil deutsche Hersteller technologisch führend und nach Angaben von Wirtschaftsminister Gabriel 70 000 Arbeitsplätze damit verbunden sind. Auch ökologisch schneiden Dieselfahrzeuge nicht schlecht ab, weil diese Motoren effizienter betrieben werden, daher weniger verbrauchen und weniger CO2 ausstoßen. Solange die Elektromobile nicht in nennenswerter Zahl auf die Straße kommen, bleibt Diesel unverzichtbar. Allerdings könnte es auch zu Einschränkungen bei der Nutzung kommen, weil die Luftbelastung in Ballungsgebieten vielfach zu hoch ist.
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