Führungsstreit in der AfD "Der Bruch ist nicht mehr zu kitten"
BONN · "Auf eine solche Gallionsfigur können wir gerne verzichten", sagt Marcus Pretzell, als er auf Hans-Olaf Henkel angesprochen wird. Der AfD-Politiker, der für die rechtskonservative Partei im Europäischen Parlament sitzt, hatte am Freitag gemeinsam mit der Ko-Vorsitzenden Frauke Petry zum "Europa-Abend" nach Bonn eingeladen, und natürlich war das Gerangel an der Parteispitze ein Thema.
Allerdings nicht bei den Vorträgen im Saal: "Es sind ja spannende Zeiten in der AfD, aber wir wollen mal versuchen über praktische Politik zu reden", begrüßte Pretzell, der auch Sprecher des nordrhein-westfälischen Landesverbandes der AfD ist, seine Gäste.
Nur am Rande der Veranstaltung nahmen die beiden AfD-Politiker Stellung zum aktuellen Führungsstreit. "Der Bruch an der Spitze ist da und wohl auch nicht mehr zu kitten", sagte Petry gegenüber dieser Zeitung. Mit dem Weggang von maximal zehn Prozent der Mitglieder rechnet sie durch die aktuelle Diskussion. Der Austritt von Bernd Lucke und Hans-Olaf Henkel sei wohl kaum mehr zu verhindern, sagten die beiden AfD-Politiker. Die Position der Partei werde sich dadurch aber nicht ändern: "Wir werden nicht, wie vielfach behauptet, nach rechts rutschen", so Petry.
"Ich sehe das sogar positiv - lass sie gehen", so Pretzell, der sich nicht als nationalkonservativ, sondern als liberal sieht. Im Wettbewerb mit der FDP habe die Diskussion aber doch geschadet: "Die FDP war zu schlagen - da kam die aktuelle Diskussion sicher eher ungünstig."
Ganz so lässig, wie die Pretzell und Petry sieht man die Führungsdiskussion an der Basis aber offenbar nicht: Parteimitglied Uwe Kerntopf zum Beispiel ist sehr unzufrieden. "Ich wünsche mir eine vernünftige Politik anstelle dieses Gerangels an der Spitze, das ich zum Beispiel bei Facebook sehe. Das wirkt auf mich wie die Sandkastenschlacht von kleinen Kindern: Wenn du ein Schäufelchen nach mir schmeißt, schmeiß ich eins nach dir", sagt er.
Die Normalität versuchen die beiden AfD-Politiker beim "Europa-Abend" zu vermitteln. Pretzell spricht über den Alltag als Abgeordneter in Brüssel oder Straßburg, über das, was er als "Auswüchse Brüsseler Regulierungswut" bezeichnet sowie über seine Position zum Freihandelsabkommen TTIP. Und Petry informierte über die Mittelstandspolitik der Partei, fordert, den Mittelstand durch die Abschaffung von EEG-Zulage und der GEZ-Gebühren zu entlasten.