Anti-Terror-Einheit Augen Richtung Ernstfall

BERLIN · Thomas de Maizière ist Panikmache fremd, mehr noch: Er lehnt sie ab. Unverantwortlich. Absolute Wachsamkeit, natürlich, doch aufgeregte Nervosität oder gar Angst seien in Zeiten latenter Terrorgefahr keine guten Ratgeber, betont der Bundesinnenminister immer wieder.

Vor fünf Tagen erst machte der CDU-Politiker wieder deutlich, wie ernst er die Terrorgefahr nimmt. De Maizière kündigte an, dass er die Sicherheitsbehörden von Bundeskriminalamt (BKA), Bundespolizei und Bundesamt für Verfassungsschutz personell aufstocken will: insgesamt 750 Stellen zusätzlich bei BKA, Bundespolizei und Verfassungsschutz sollen ab kommendem Jahr die Terrorabwehr im Land stärken.

328 Millionen Euro stünden dazu bereit. Denn: Deutschland befinde sich unverändert im Fadenkreuz des Terrors, betont der Innenminister und fügt meist gleich hinzu, dass sich die Sicherheitslage nicht verändert habe. Bloß kein Alarmismus.

Doch de Maizière hat neue Pläne: Der Bundesinnenminister will eine neue Anti-Terror-Einheit schaffen, wie sein Haus gestern in Berlin bestätigte, ohne dabei Details und einen Zeitpunkt für den Start zu nennen. Neben den Anti-Terror-Spezialisten der legendären GSG 9 soll die Bundespolizei eine neue, hoch gerüstete Anti-Terror-Einheit bekommen.

Es gebe dafür "verschiedene Überlegungen", sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums. Nach einem Medienbericht sollen die neuen Abwehrspezialisten aber auch zum normalen Polizeidienst herangezogen werden. Auf die Frage, ob es aktuell Defizite bei der GSG 9 gebe, antwortete die Sprecherin knapp: "Nein."

Passend zur laufenden Debatte über die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung als ein Ermittlungsinstrument im Kampf gegen den internationalen Terrorismus setzt de Maizière mit dem Plan einer weiteren Anti-Terror-Einheit auf hohe Flexibilität im Kampf gegen anschlags- und gewaltbereite islamistische Religionskrieger.

Auf Anschläge wie im Januar in Paris und im Februar in Kopenhagen sollen die Anti-Terror-Kämpfer schnellstmöglich reagieren, wenn Deutschland von einem Attentat getroffen würde.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) unterstützt die Pläne des Bundesinnenministers. Nach den Terroranschlägen von Paris "sehen wir uns herausgefordert, dass wir die Polizei in Deutschland noch besser aufstellen müssen". Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft begrüßte den Vorstoß de Maizières.

"Eine solche Einheit schließt eine wichtige Sicherheitslücke", sagte ihr Vorsitzender Rainer Wendt. Nach Anschlägen wie in Paris würden "Fahndungskräfte im Nahbereich" gebraucht, was die GSG 9 nicht könne.

Die Opposition im Bundestag lehnt die Pläne für eine neue Anti-Terror-Einheit in Deutschland ab. Bund und Länder hätten bereits eigene Sondereinheiten, sagt die Linke-Abgeordnete Ulla Jelpke. Bevor eine weitere Einheit geschaffen werde, sollten erst einmal die existierenden Sondertrupps der Polizei geprüft werden.

Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic kritisiert die geplante Anti-Terror-Einheit als "eine neue Episode aus der Reihe symbolpolitischer Vorschläge des Innenministers". Denn: "Wir brauchen keine neuen Namen und Titel in dieser Debatte, sondern endlich belastbare Konzepte zu einer besseren Personalausstattung vor allem der Bundespolizei", betont Mihalic, die selbst aus dem Polizeidienst kommt.

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