Heim für Flüchtlinge in Burbach Asylsuchende sollen misshandelt worden sein

HAGEN/BURBACH · Sie kommen nach Deutschland, um sich vor Krieg und Gewalt in ihrer Heimat zu retten - und landen hier in den Fängen brutaler Sicherheitsleute.

 Das Foto der Polizei zeigt zwei Sicherheitsleute, die in der ehemaligen Siegerlandkaserne in Burbach einen am Boden liegenden Flüchtling misshandeln.

Das Foto der Polizei zeigt zwei Sicherheitsleute, die in der ehemaligen Siegerlandkaserne in Burbach einen am Boden liegenden Flüchtling misshandeln.

Foto: Polizei NRW

Im siegerländischen Burbach sollen in einer Flüchtlingsunterkunft mindestens zwei Männer von Mitarbeitern eines privaten Wachdienstes misshandelt und gedemütigt worden sein. Die Täter filmten und fotografierten sich dabei sogar per Handy.

Durch einen Hinweis an die Polizei ist am Freitag bekannt geworden, dass Sicherheitskräfte des Nürnberger Unternehmens "SKI Wach" in der Einrichtung Menschen schwer misshandelt und die Taten auf ihren Mobiltelefonen festgehalten haben sollen. Polizei und Staatsanwaltschaft haben inzwischen vier Mitarbeiter der Firma festgenommen und ermitteln wegen gefährlicher Körperverletzung.

Die Bezirksregierung Arnsberg hat inzwischen dafür gesorgt, dass das Sicherheitsunternehmen seine Tätigkeit beendet.

Regierungspräsident Gerd Bollermann (SPD) zeigte sich schockiert über die Vorfälle: "So etwas darf nicht vorkommen, wer Kriminelle beschäftigt, fliegt raus". Für die Behörden problematisch ist unter anderem der Umstand, dass die beiden Wachmänner, die einen jungen Algerier schwer misshandelt haben sollen, offenbar wegen einschlägiger Delikte vorbestraft waren. Auf einem Foto, das im September aufgenommen worden ist, liegt ein gefesselter Asylbewerber auf dem Boden, zwei Bewacher posieren grinsend vor ihm, einer stellt seinen schweren Stiefel in dessen Nacken.

"Das sind Bilder, die man sonst nur aus Guantánamo kennt", sagt der Hagener Polizeipräsident Frank Richter mit Blick auf das umstrittene US-Gefangenenlager. Andere Betrachter erinnert die Szene an Aufnahmen aus dem berüchtigten Gefängnis Abu Ghraib bei Bagdad, wo US-Soldaten irakische Gefangene folterten. Die Bilder gingen 2004 um die Welt.

Auch der Asylbewerber wurde inzwischen von der Polizei und Staatsanwaltschaft vernommen. Entgegen erster Hinweise gibt es bisher nach Aussagen der beteiligten Behörden keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich um eine Straftat mit rechtsradikalem Hintergrund handelt.

In dem Asylbewerberheim leben etwa 700 überwiegend männliche Asylsuchende aus Nordafrika. Die Einrichtung in der ehemaligen Siegerlandkaserne wird vom Unternehmen European Homecare (EHC) im Auftrag des Regierungspräsidenten betrieben. Für die Sicherheit hatte EHC wiederum die Nürnberger Firma SKI eingeschaltet. In einem Krisengespräch wurde EHC nun gezwungen, sich von SKI zu trennen. Der Betreiber des Heimes in Burbach soll auch das in Bad Godesberg geplante Flüchtlingsaufnahmelager verwalten.

Trotzdem taucht die Frage auf, ob es angesichts der Privatisierung solcher Tätigkeiten nicht an einer entsprechenden Überwachung gemangelt hat. Die Sicherheitslage in dem Heim ist ohnehin kritisch. Die Polizei musste allein 350 mal in dieser Einrichtung Straftaten der Asylsuchenden untereinander aufnehmen. "Das geht quer durch das Strafgesetzbuch, von Körperverletzung bis hin zu Vergewaltigung", berichtet ein Insider.

Insgesamt wird gegen vier Beschuldigte ermittelt. Er sei bestürzt gewesen, als er das Video gesehen habe, sagt der Siegener Oberstaatsanwalt Johannes Daheim. "Da sitzt ein Mann auf einer mit Erbrochenem verschmutzten Matratze und wird gezwungen, sich hinzulegen", schildert er.

"Es ist entsetzlich, wenn man sich vorstellt, dass zu uns Leute kommen aus anderen Ländern, die dort schon Gewalt erlitten haben und hier Schutz suchen und dann so einer Situation ausgesetzt werden. Das trägt dazu bei, die Traumatisierung noch zu verstärken." Dieses Video war es auch, das die umfangreichen Ermittlungen ins Rollen gebracht hatte.

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