Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Albigs Merkel-Lob entsetzt die Genossen

BERLIN · Die K-Frage also. Sigmar Gabriel kann nur mit dem Kopf geschüttelt haben. Vor Wochenfrist noch hatte es der SPD-Vorsitzende im ZDF-"Sommerinterview" explizit abgelehnt, sich zu einem möglichen SPD-Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl 2017 zu äußern.

 Politische Gegner? Ministerpräsident Torsten Albig, Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Politische Gegner? Ministerpräsident Torsten Albig, Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Foto: dpa

Der Zeitpunkt dazu sei gut zwei Jahre vor der nächsten Entscheidung im Bund eindeutig zu früh. Doch kaum macht der SPD-Chef einige Tage Urlaub vom notorisch aufgeheizten Politikbetrieb in Berlin, kommen Töne aus den Ländern, die Gabriel und andere Spitzengenossen zweifeln lassen, ob die deutsche Sozialdemokratie tatsächlich den richtigen Siegeswillen hat.

Was ist passiert? Ausgerechnet ein prominenter Sozialdemokrat, Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig, heizte den Berliner Sommerbetrieb mit Überlegungen zu den Wahlchancen seiner Partei schlagartig auf. "Ich glaube, es ist schwer gegen diese Bundeskanzlerin zu gewinnen", ließ sich Albig in einem Interview des Norddeutschen Rundfunks vernehmen. So wie zuletzt 2013 könne deshalb durchaus die Regierungsbeteiligung der SPD bereits das Ziel sein. Eine Regierung, an der die SPD beteiligt sei, sei allemal besser als eine Alleinregierung der Union, meinte Albig. Dafür brauche die SPD zwar einen starken Kandidaten. Aber: "Ob da die Bezeichnung Kanzlerkandidat noch richtig ist, werden wir sehen." Spitzenkandidat wäre auch eine Möglichkeit.

Die Genossen im Willy-Brandt-Haus mussten erst einmal tief Luft zu dem holen, was sie da aus Deutschlands Norden über die eigenen Chancen bei der nächsten Bundestagswahl gehört haben. Albig selbst mag ein guter Sieger sein, hatte er doch in dieser Woche noch den "Rotspon Cup", eine Regatta in Travemünde, gewonnen. Aber so einfach den Wahlkampf für 2017 bereits jetzt aufgeben, das wollen die Genossen nicht verstehen. Mag Gabriel wegen seines Vorpreschens bei einem Kleinen Parteitag für die Vorratsdatenspeicherung oder wegen seiner unklaren Haltung zu einem Grexit auf Zeit im Netz flugs als "Mister Zickzack" angegriffen worden sein. Doch dass ein leibhaftiger Ministerpräsident mit SPD-Parteibuch tatsächlich der CDU-Vorsitzenden und Bundeskanzlerin Angela Merkel im Jahre 2015 eine gewisse Unbesiegbarkeit mit Blick auf das Wahljahr 2017 attestiert, wenn denn dann nach Turnus gewählt wird, ist schon ein Vorgang.

Kein Wunder, dass die SPD mit Umfragewerten von derzeit 24 bis 25 Prozent nicht aus dem Knick komme, wenn man solche Ministerpräsidenten habe, schimpfen Genossen. Albig hat sich dabei nicht zum ersten Mal als Merkel-Fan gezeigt. Bereits im Frühjahr hatte er in einem Interview mit der Zeitung "Die Welt" Unverständnis in den eigenen Parteireihen provoziert, als er feststellte: "Frau Merkel verkörpert geradezu idealtypisch, was die Deutschen sich in dieser Rolle erwarten. Wenn sich die Bürger einen Kanzler malen könnten, käme sicher so etwas wie Frau Merkel dabei raus. Es ist schwer, gegen diesen Idealtypus eine Wahl zu gewinnen."

So durfte nun der Parteilinke Ralf Stegner, einer von sechs Stellvertretern Gabriels als Parteichef, nach vorne, um zu reparieren, was Albig mit seinen Äußerungen angerichtet hatte. Auch Stegner, wie Albig aus Schleswig-Holstein, stimmte zunächst in den Tenor ein, wonach Bundeskanzlerin Merkel eben populär und deswegen auch schwer zu schlagen sei. "Aber es kann ja nicht unser Ziel sein, mit den Grünen darum zu wetteifern, wer der nächste Juniorpartner der Union wird."

Dass die Bundeskanzlerin ihren Job "ganz ausgezeichnet" mache, wie Albig von Merkels Arbeit geschwärmt hatte, so weit konnte und wollte SPD-Vize Stegner dann doch nicht gehen. Zwar hatte auch Albig grundsätzlich betont, er habe keinen Zweifel, dass auch SPD-Chef Gabriel "das exzellent machen wird". Doch für Stegner ist klar: "Wir müssen natürlich immer den Anspruch haben, die Regierung zu führen."

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi nannte die Überlegung Albigs "völlig abwegig, dass die SPD ohne Kanzlerkandidaten in die Bundestagswahl 2017 gehen könnte". Die Linke warf der SPD "Luschenhaftigkeit" vor. CDU-Generalsekretär Peter Tauber hingegen war - kein Wunder - voll des Lobes für Albig: "Es ist toll, dass viele Sozialdemokraten Angela Merkel für eine gute Kanzlerin halten - wie Torsten Albig". Die SPD möge sich nur keine falschen Vorstellungen machen. "Wenn Angela Merkel wieder antritt, dann für die CDU und nicht für die SPD", stellte Tauber sicherheitshalber augenzwinkernd klar.

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