Spanische Kraftprobe Nach Katalonien dringt auch das Baskenland auf Unabhängigkeit

BILBAO/MADRID · Bricht das spanische Königreich bald auseinander? Nach Katalonien dringt nun auch das nordspanische Baskenland immer stärker auf eine Abspaltung von Spanien. Mehr als 100.000 Basken demonstrierten am Samstag in der Großstadt Bilbao, wo 350.000 Menschen leben, für die Unabhängigkeit der nordspanischen Region.

Und für eine positive Geste der spanischen Zentralregierung im Friedensprozess mit der baskischen Terrorbewegung Eta. Es war eine der größten Machtdemonstrationen im Baskenland, wo seit Herbst 2012 eine Regionalregierung baskischer Nationalisten das Sagen hat.

Der Protestmarsch war ein nicht zu übersehender Aufschrei gegen die harte Linie der konservativen Zentralregierung in Madrid, welche zunächst versucht hatte, den Demonstrationszug gerichtlich zu verbieten. Doch der wenig dialogbereite Kurs Madrids scheint das kleine Baskenland mit seinen 2,2 Millionen Bewohnern nur noch enger gegen Spanien zusammenzuschweißen.

Erstmals seit langer Zeit gingen die in der Region regierende moderate Baskenpartei PNV und die radikalere Separatistenbewegung Bildu, welche mit der Eta sympathisiert, gemeinsam auf die Straße. Die beiden Parteien repräsentieren etwa 60 Prozent der baskischen Bevölkerung.

"Menschenrechte, Abkommen, Frieden", lautete das Protestmotto des langen Demonstrationszuges, der Bilbao stundenlang lahmlegte. Mit dieser Parole wird die spanische Zentralregierung aufgefordert, endlich auf das Friedensangebot der Terrororganisation Eta einzugehen.

Die radikale Separatistenbewegung sendet seit Jahren Signale, dass sie bereit ist, den bewaffneten Kampf aufzugeben und künftig nur noch mit politischen Mitteln für einen eigenen Baskenstaat einzutreten. Eine hoffnungsvolle Entwicklung angesichts der Tatsache, dass die Eta in den vergangenen 50 Jahren mehr als 800 Menschen ermordete.

Schon vor mehr als zwei Jahren hatte die Eta "das definitive Ende der bewaffneten Aktivitäten" erklärt. Im Dezember 2013 folgte ein Aufsehen erregendes Friedenskommuniqué der rund 500 Eta-Häftlinge in spanischen Gefängnissen. Darin distanzierten sich die verurteilten Terroristen von ihrer Vergangenheit und zeigten Reue.

Sie forderten aber zugleich Spaniens konservativen Regierungschef Mariano Rajoy zu einem Dialog über Haftbedingungen und eine gesellschaftliche Wiedereingliederung der Häftlinge auf. Es wird nicht ausgeschlossen, dass die Eta demnächst sogar die Abgabe ihres Waffenarsenals ankündigt.

Die politische Mehrheit im Baskenland unterstützt diesen Friedenskurs der Eta, hofft auf eine Entspannung wie in Nordirland und fordert Madrid zu positiven Gesten auf. Doch die Antwort des spanischen Premiers Rajoy war bisher kühl. "Die einzige Erklärung, welche die Regierung interessiert, ist die bedingungslose Auflösung der Eta", ließ Rajoy Innenminister Jorge Fernández Díaz ausrichten.

Die spanische Haltung belege nur, "dass der spanische Staat keinen Frieden und keine Freiheit für das Baskenland wollte", rief daraufhin einer der Redner auf der jüngsten Demonstration. Erst vor wenigen Monaten hatte Spaniens Regierung in Sachen Eta eine Niederlage vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof erlitten: Das Tribunal kippte eine umstrittene spanische Haftregel für verurteilte Eta-Terroristen, wonach diese Häftlinge kein Recht hatten, durch gute Führung oder Gefängnisarbeit eine Reduzierung ihrer Haftzeit zu erreichen.

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