Prälaten auf Schnäppchenjagd Mit Franziskus hat sich auch Nachfrage bei Priester-Mode gewandelt

ROM · An seinem dritten Amtstag im März 2013 sagte Franziskus einen berühmt gewordenen Satz, der zum Menetekel der Papstschneider geworden ist: Er wünsche sich "eine arme Kirche für die Armen". Das viel beklatschte Zitat wirkte wie ein Stich ins Herz der Klerikalstylisten.

Denn seither geht es auch im Klerus plötzlich armselig zu. Priester, Bischöfe, Kardinäle aller Art, die früher prächtige Messgewänder auflegten, tragen nun bei der Liturgie das, was man salopp mit klerikalen Alltagsklamotten umschreiben könnte. Wertvoll hergestellte, mit Brokat und Edelsteinen besetzte Gewänder sind out.

Die Traditionalisten unter den Geistlichen, die Spitzen und Glitzer liebten, haben es schwer. Im katholischen Klerus herrscht nicht mehr Haute Couture, wie sie noch Federico Fellini in seinem Film "Roma" persiflierte. Angesagt ist Prêt-à-porter oder kurz: stile francesco.

Luciano Ghezzi kann ein Lied von den Auswirkungen des spartanischen Franziskus-Stils singen. Er ist 75 Jahre alt und führt seit den 60er Jahren eines der zahlreichen Geschäfte mit Klerikalbedarf in der Via dei Cestari in Rom. Der päpstlichen Bescheidenheit, die Kritiker für inszeniert halten, setzt er das Selbstbewusstsein eines Modeschöpfers entgegen. "Ich habe alles, ich statte ganze Kirchen aus. Meine Sachen sind die besten."

Dann zupft Ghezzi an einem besonders aufwändig hergestellten mit Gold und Edelsteinen bestickten Messgewand für knapp 3000 Euro und sagt: "Darauf bleibe ich sitzen, das ist sicher." Der Pauperismus des Papstes zeigt Wirkung. Sein Gewinn sei mit Franziskus um bis zu 50 Prozent geschrumpft, sagt Ghezzi.

"Sie recyclen jetzt sogar", mault Ghezzi verächtlich. Mitren, silberne Kelche und goldene Brustkreuze werden kaum noch gekauft. "Sie sparen überall." Und das gelte für einfache Priester ebenso wie für Bischöfe und Kardinäle. Einer der letzten Lichtblicke der römischen Klerusausstatter ist, dass beinahe alle katholischen Geistlichen aus der ganzen Welt regelmäßig nach Rom kommen und sich dann oft über Jahre hinaus mit Kleidern und liturgischem Material eindecken.

Unter den als besonders konservativ geltenden US-amerikanischen Prälaten und beim afrikanischen Klerus gibt es noch Kunden, die sich teure liturgische Gewänder leisten. "Ein paar Verrückte", nennt sie Ghezzi.

Mehr Nylon, weniger Gold, das ist die Devise. "Der Papst selbst läuft mit einer Kasel herum, die es bei mir für 35 Euro gibt", sagt Ghezzi. Das klingt ein wenig abfällig. Aber Ghezzi, der sich als Stylist versteht, will nichts kommen lassen auf Franziskus und seine armseligen Messgewänder.

"Er bringt die Leute zurück in die Kirche, man müsste ihm ein Denkmal setzen", sagt er. Auch der Ansturm der Touristen ist größer geworden, auch davon profitiert der Klerikalhandel, ein bisschen wenigstens.

Viele der Klerusgeschäfte stellen deshalb Objekte ins Schaufenster, die Franziskus selbst trägt. Nicht nur die weiße Kopfbedeckung (Zucchetto), die man bei Ghezzi für 20 Euro bekommt. Auch der versilberte Fischerring und das einfache, versilberte Brustkreuz, das oft schlicht als "Blechkreuz" beschrieben wird, verkaufen sich gut. "Er hat es von mir", sagt Ghezzi in aller Bescheidenheit.

Bei De Ritis ein paar Häuser weiter ist sogar das Modell der schwarzen Aktentasche ausgestellt, die Franziskus auf Auslandsreisen mit sich trägt. Ansonsten gehen bei Ghezzi vor allem Sonderangebote: 13 Euro für ein Hemd. Vier Messgewänder gibt es im Sammelpack für 150 Euro. Wie es aussieht, wird der Klerus auch im kommenden Jahr auf Schnäppchenjagd gehen.

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