Letzter Stopp vor Paris Was bei der Klimakonferenz in Bonn passiert

BONN · Im Dezember blickt die Welt auf Paris: Mehr als 190 Staaten wollen sich dort auf ein Abkommen einigen, um den Planeten vor dem Klimakollaps zu bewahren. Vorher müssen allerdings noch mal die Unterhändler ran - in Bonn. Warum ist ihre Konferenz so wichtig?

 Im ausgetrockneten Flussbett der Elbe in einem Hafenbecken bei Pirna wächst eine kleine Pflanze in den Rissen der trockenen Erde. (Symbolfoto)

Im ausgetrockneten Flussbett der Elbe in einem Hafenbecken bei Pirna wächst eine kleine Pflanze in den Rissen der trockenen Erde. (Symbolfoto)

Foto: dpa

Weltklimaverhandlungen sind kein ganz einfaches Geschäft. Die Formulierung eines einzelnen Wortes in einem Vertragstext kann schnell zum Politikum werden - und Stillstand bedeuten. Damit das beim großen Weltklimagipfel in Paris im Dezember nicht passiert, treffen sich in dieser Woche (19. bis 23. Oktober) UN-Unterhändler in Bonn. Die Stadt erwartet rund 2000 Gäste.

Das Scheinwerferlicht bei der Konferenz ist nicht ganz so grell, wie es einige Wochen später in Paris sein wird. Wichtig ist das Treffen dennoch - aber warum? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

Um was geht es in Bonn?

Das Treffen ist - nach aktueller Planung - die letzte Vorbereitungskonferenz vor Paris. Wenn der Gipfel im Dezember kein Flop werden soll, müssen die Klimadiplomaten aus aller Welt in Bonn schon einen möglichst konkreten Entwurf für das Schlussdokument erarbeiten. Ist das Bonner Papier am Ende zu nichtssagend oder mit vielen offenen Fragen überladen, droht nach allgemeiner Befürchtung eine ähnliches Debakel wie 2009 in Kopenhagen. Damals reichte es nur für einen Minimalkonsens mit vagen Klimaschutzzielen.

Warum sind die Verhandlungen so wichtig?

Dürre, Hunger, Überschwemmungen - von der Entwicklung des Weltklimas hängt mit ab, welche Katastrophen den Planeten künftig heimsuchen könnten. Das erklärte Ziel des Pariser Klimagipfels - und damit auch der Bonner Konferenz - ist es, die Erderwärmung auf unter zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Der Ausstoß an Treibhausgasen soll sinken. Gelingt das nicht, könnte das irreversible Folgen haben. US-Präsident Obama formuliert es so: "Wir werden unsere Kinder zu einem Planeten verdammen, der jenseits ihrer Reparaturfähigkeiten liegt."

Wie wird die Verhandlungswoche in Bonn ablaufen?

Das ist eine spannende Frage. Immerhin liegt seit Anfang Oktober ein im Vergleich zu seinen Vorgängerversionen deutlich entschlackter Vertragsentwurf auf dem Tisch, der als Basis für die Bonner Verhandlungen dienen soll. Auch er enthält noch viele offene Punkte, wäre aber selbst aus Sicht von Klimaschützern eine ausreichende Arbeitsgrundlage. Ein großes Problem droht, wenn in Bonn ein oder mehrere Länder erklären, nicht mit diesem Entwurf arbeiten zu wollen. Das würde die Verhandlungen erstmal komplett ausbremsen. Ein anderes Szenario: Der Entwurf geht in Bonn ins Rennen, wird aber zu Beginn noch mit weiteren offenen Fragen angespeckt.

Was sind denn zum Beispiel noch Verhandlungspunkte?

Dazu zählt die mögliche Erderwärmung. Im Entwurf steht als eine Variante, die Erderwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen. Die zweite Variante ist etwas ambitionierter und lautet, sie "unter 2 oder 1,5 Grad Celsius" zu halten. An vielen Stellen geht es aber vor allem um die Verbindlichkeit der Abmachung - zum Beispiel, ob am Ende in dem englischen Vertragswerk mehr "should" oder mehr "shall" steht. ""Shall" ist eine Verpflichtung", erklärt der Klima-Experte Martin Kaiser von der Umweltschutzorganisation Greenpeace. "Should" hätte eher Aufforderungscharakter. Und ist damit weniger verbindlich.

Sind schon erste Konflikte absehbar?

Indien, das nach den USA und China den dritthöchsten Kohlendioxidausstoß hat, erklärte bereits, der vorgeschlagene Text für die Verhandlungen sei "ziemlich enttäuschend", und man wolle ihn ablehnen. Bei solchen Äußerungen stellt sich allerdings stets die Frage, ob sie nicht eher dazu dienen, eine gute Verhandlungsposition zu eröffnen. Bei der Klimapolitik geht es zwar um den ganzen Planeten - aber eben auch um viel taktisches Geschick.

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