Größe und Wirtschaftskraft entscheidend EU regelt Asyl-Recht neu

BRÜSSEL · Es sind die Zahlen, die ein Ende des bisherigen europäischen Asyl-Rechtes bedeuten könnten. Zum ersten Mal schlägt die Brüsseler Kommission vor, Flüchtlinge auf fast alle Mitgliedstaaten aufzuteilen. Wie hat man bei der EU gerechnet? Welche Menschen könnten von der Regelung profitieren? Dazu die wichtigsten Antworten im Überblick.

 Ein Kind spielt auf dem Gelände der hessischen Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Gießen (Hessen).

Ein Kind spielt auf dem Gelände der hessischen Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Gießen (Hessen).

Foto: dpa

Wieso soll Deutschland nach diesem Vorschlag genau 8763 Menschen aufnehmen? Wie hat man da gerechnet?

Es wurde ein Schlüssel entworfen, der aus vier Faktoren besteht: Die Bevölkerungsgröße fließt ebenso mit 40 Prozent ein wie die Wirtschaftskraft. Außerdem wurde berücksichtigt, wie hoch die Arbeitslosenquote liegt und wie viele Asylanträge in den letzten fünf Jahren bewilligt wurden - beide Kriterien wurde zu jeweils zehn Prozent eingerechnet. Je höher die Zahl der Asylanträge und die Arbeitslosenquote, desto weniger Personen soll ein Mitgliedsland aufnehmen. Damit ergibt sich für die Bundesrepublik ein Anteil von 21,91 Prozent an den zu verteilenden Flüchtlingen aus Italien und Griechenland.

Wird da jetzt einfach jeder verteilt? Oder welche Voraussetzungen müssen die Betroffenen erfüllen?

Zum einen werden nur Flüchtlinge in anderen EU-Länder verteilt, die nach dem 15. April 2015 in der EU angekommen sind. Zum zweiten werden Menschen aus Ländern begünstigt, bei denen die Anerkennungsquote in den letzten Jahren 75 Prozent oder mehr betrug. Das war nur bei Eritrea und Syrien der Fall. Man hat sich unter anderem deshalb auf die 75-Prozent-Marke verständigt, um sicherzustellen, dass wenige Asylbewerber umgesiedelt werden, deren Antrag wenig Aussicht auf Erfolg hat.

Hinzu kommen dann aber noch 20 000 Bürgerkriegsopfer aus Syrien?

Ja, bisher geschieht diese Übernahme von Betroffenen des Krieges auf freiwilliger Basis. Der Hochkommissar für Flüchtlinge der Vereinten Nationen hat allerdings mit Blick auf die teilweise katastrophale Lage in den Aufnahmezentren bei den syrischen Nachbarn die EU gebeten, etwas zur Entlastung beizutragen. Deshalb sollen zusätzlich zu den 40 000 Zuwanderern, die über das Mittelmeer gekommen sind, auch noch 20 000 Bürgerkriegsflüchtlinge aufgenommen werden.

Was kosten die beiden Aktionen?

Die EU geht von 240 Millionen Euro für die Unterbringung der Menschen aus den italienischen und griechischen Lagern aus, das sind 6000 Euro pro Flüchtling für zwei Jahre. Weitere 50 Millionen werden bereitgestellt, um die syrischen Opfer neu anzusiedeln. Diese Beträge stehen den Mitgliedstaaten zu, die sie wiederum an betroffene Gemeinden weiterleiten sollen.

Geht das endlos so weiter?

Nein, beide Programme sind auf zwei Jahre befristet und nach oben hin begrenzt. Sollte danach wirklich eine Verlängerung notwendig sein, bedarf es eines neuen Beschlusses.

Können sich Flüchtlinge mit anerkanntem Asylstatus frei in der EU bewegen?

Wenn der Antrag auf Asyl von einem Mitgliedstaat der EU genehmigt wurde, gilt diese Zusage für die ganze Gemeinschaft. Man sollte allerdings dazu sagen, dass die Union gleichzeitig ein einheitliches System zur Erfassung von Fingerabdrücken einführen will. Damit soll verhindert werden, dass abgelehnte Bewerber immer wieder versuchen, in die Gemeinschaft einzureisen.

Wann tritt der Vorschlag in Kraft?

Bisher ist noch nicht abzusehen, ob er überhaupt in Kraft treten kann. Denn neben dem Europäischen Parlament müssen auch die Mitgliedstaaten zustimmen. Und da gibt es erheblichen Widerstand. Von den osteuropäischen Mitgliedern ist bisher überhaupt kein Staat bereit, Flüchtlinge aufzunehmen. In Brüssel geht man davon aus, dass das Thema beim EU-Gipfeltreffen im Juni von den Staats- und Regierungschefs entweder abgesegnet oder abgelehnt wird.

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