Ukrainischer Botschafter in Rheinbach Der Merkel-Plan soll Ukraine auf die Beine helfen

Rheinbach · Botschafter Andrij Melnyk fordert im Gespräch mit dem GA Führungsstärke von der Kanzlerin im Konflikt mit prorussischen Separatisten.

 Härte gegenüber Putin fordert Botschafter Andrij Melnyk.

Härte gegenüber Putin fordert Botschafter Andrij Melnyk.

Foto: Axel Vogel

Orange überall. Die Tischdecken und manche Dekoartikel des Herbstempfangs der Rheinbacher CDU im großen Saal des Glasmuseums sind in der gleichen Kolorierung gehalten wie die Symbolfarbe der Orangenen Revolution in der Ukraine. Die friedlichen Proteste im Jahr 2004 halfen ganz ohne Blutvergießen dabei, dass Präsidentenanwärter Wiktor Juschtschenko, dessen Wahlfarbe Orange war, sich doch noch als Wahlsieger feiern lassen konnte. Orangefarben ist auch die Krawatte, die Andrij Melnyk, Botschafter der Ukraine in Deutschland und Festredner des Empfangs, angelegt hat. Einem Zufall ist geschuldet, dass die Bundes-CDU so etwa seit dem Bundestagswahlkampf 1998 die gleiche Farbe als optisches Erkennungszeichen nutzt.

Dass das Blutvergießen im Osten seines Heimatlandes nach seinem Ermessen noch lange nicht beendet ist, davon ist Melnyk im Gespräch mit dem GA überzeugt. "Der Weg könnte noch lang sein", sagt der 40 Jahre alte Diplomat in akzentfreiem Deutsch - selbst nach dem Gipfel von Paris. Das Vierertreffen der Präsidenten von Russland und der Ukraine zusammen mit Angela Merkel und François Hollande sei vor allem wichtig gewesen, damit der persönliche Gesprächsfaden von Wladimir Putin und Petro Poroschenko nicht abreißt. Man brauche gerade jetzt diese Sachlichkeit, die das Treffen von Paris auszeichnete.

Melnyk, seit Januar dieses Jahres ranghöchster Diplomat seines Landes in Deutschland, lobt einerseits das Engagement Merkels im Ukraine-Konflikt, trotz ihrer Eingebundenheit in der angespannten Flüchtlingssituation, dem Syrienkrieg und der Griechenlandkrise, andererseits fordert er die Führungsstärke der Kanzlerin. "Das einzige Mittel, das wir haben, sind die Sanktionen der EU", sagt er eindringlich. Diese müssten auch konsequent eingehalten werden. Denn: "Putin versteht nur die Sprache der Stärke."

Dem Eindruck, die ausgehandelte Waffenruhe in der Ukraine sei stabil, widerspricht Melnyk. Seit dem 1. September, dem Tag, seit dem die Waffen schweigen sollen, seien zwölf Menschen gestorben - vor allem durch Scharfschützen. Allerdings schwiegen die schweren Waffen derzeit dauerhaft, das sei bereits als Erfolg zu werten. "Es ist jetzt wichtig, die Waffenruhe zu festigen, nicht sie rückgängig zu machen." Auch dieses Signal gehe von Paris aus.

Die nächsten Schritte zur Lösung des Konflikts liegen für den promovierten Juristen auf der Hand: Die russischen Truppen müssten sich zurückziehen - Voraussetzung dafür seien Wahlen in den Separatistengebieten, die allerdings nach ukrainischem Recht, unter Beobachtung der OSZE, abgehalten werden müssten. So habe es bereits das Minsker Abkommen festgelegt, und sein Land werde diese Vereinbarung einhalten. Nicht zuletzt müssten die Separatisten die Kontrolle über einen 409 Kilometer langen Streifen der ukrainisch-russischen Grenze wieder an die Ukraine zurückgeben. Ein Merkel-Plan, ähnlich dem Marshall-Plan nach dem Zweiten Weltkrieg, solle dabei helfen, dass sein Land auch die wirtschaftlichen Folgen des Konflikts überwindet.

Und: Die Ukraine müsse möglichst schnell "Mitglied der Familie" werden, sagt Melnyk und meint eine Mitgliedschaft in der Nato - wie bereits die baltischen Staaten. Andernfalls wäre nur eine Aufrüstung der Ukraine eine Option seines Landes, um sich vor dem großen Nachbarn Russland zu schützen. Doch dies wolle selbst in der Ukraine niemand, bekundet der 40-Jährige. "Wären wir schon 2008 Nato-Mitglied geworden, hätte es den Konflikt und die Annexion der Krim gar nicht gegeben."

Sollte es Merkel und Hollande gelingen, den Ukraine-Konflikt zu lösen, so wären sie, wie bereits 1926 bei den Außenministern Gustav Stresemann (Deutschland) und Aristide Briand (Frankreich) geschehen, aussichtsreiche Kandidaten für den Friedensnobelpreis. Wenn der Frieden stabil bleibt.

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