Eurokrise Was unsere Nachbarn über Griechenland und die Zukunft Europas denken

Fünf Jahren dauert die Finanzkrise in Athen schon an. Die Suche nach einer Lösung lässt die europäischen Widersprüche schärfer zutage treten.

 Wohin steuert Europa?

Wohin steuert Europa?

Foto: dpa

War die harte Haltung Deutschlands Dienst an der europäischen Sache oder Erpressung? Wie weit kann das Verständnis für Athen gehen, wo hört die Solidarität auf? Stimmungsbilder aus acht europäischen Ländern. Es berichten Clemens Bomsdorf (Riga), Birgit Holzer (Paris), Norbert Mappes-Niediek (Graz), Julius Müller-Meiningen (Rom), Katrin Pribyl (London), Ralph Schulze (Madrid) und Cornelius von Tiedemann (Aabenraa).

Frankreich setzt auf Solidarität mit Athen: Erleichterung und Selbstlob

Es war eine weitere der vielen Umfragen, die François Hollande wenig schmeicheln: Während der Verhandlungen um den Verbleib Griechenlands im Euro-Raum gab fast jeder zweite befragte Franzose an, er traue es eher der deutschen Kanzlerin als dem eigenen Präsidenten zu, eine Lösung in der Krise zu finden. Längst verkörpert Angela Merkel und nicht François Hollande die Führung Europas.

Im Zuge der Einigung konnte Hollande diesen Eindruck zwar drehen und sich als Urheber eines Kompromisses zwischen einer unbeugsamen Kanzlerin und einem sturen griechischen Premier präsentieren. "Hilf mir, dir zu helfen", habe er Alexis Tsipras nach dem griechischen Referendum gesagt, erklärte Hollande: Gewinner sei letztlich aber nicht Frankreich, sondern Europa. Seine Sozialisten feierten den Präsidenten.

So nahm Paris die Einigung mit Erleichterung auf. Die Regierung sowie die französische Öffentlichkeit waren klar für einen Verbleib des Krisenlandes im Euro. Indem es Athen bis zuletzt so weit wie möglich entgegenkommen wollte, hob Frankreich sich merklich vom deutschen Partner ab. Der Akzent in der Debatte lag auf Solidarität für die gebeutelten Griechen. Zudem standen für Frankreich - selbst in Finanznöten - im Falles eines "Grexit" schätzungsweise 68 Milliarden Euro auf dem Spiel.

Deutschlands harte Haltung sowie seine generelle Verantwortung für einen Sparkurs in Europa, der jedes Wachstum abtöte, kritisieren so einflussreiche Ökonomen wie Thomas Piketty und Ex-IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn. Die schärfsten Attacken kommen allerdings von Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon, der sogar den Vergleich mit Nazi-Deutschland nicht scheute. Eurogegner wie Rechtspopulistin Marine Le Pen sehen sich durch die griechische Krise bestätigt. Ohnehin ist eine euroskeptische Haltung in Frankreich verbreitet. Ihr versucht Hollande entgegenzutreten, wenn er erklärt, nicht Madame Merkel habe die Lösung aus der Krise gefunden; zumindest nicht sie allein.

In Lettland steht Deutschland für Stabilität: Eine Frage der Sicherheit

In Lettland herrschen seit der Finanzkrise Verhältnisse, die teilweise mit denen Griechenlands vergleichbar sind. Deshalb ist die Bereitschaft, Griechenland, das gemessen am Pro-Kopf-Einkommen immer noch reicher ist, finanziell zu unterstützen, gering. Ein Schuldenschnitt wäre völlig inakzeptabel, so kürzlich Ministerpräsidentin Laimdota Straujuma, die Griechenland zum weiteren Sparen aufforderte. "Wir hatten es viel schwerer, weil die Renten und Löhne bei uns bedeutend niedriger sind", so die Regierungschefin. Humanitäre Hilfe hingegen sei denkbar.

Lettland gehört zu den drei Ländern, deren Volkswirtschaft unmittelbar nach der Finanzkrise am stärksten einbrach. Während es bei Griechenland weiter abwärts ging, erholte sich Lettland aber. Die Arbeitslosigkeit, im Jahr 2007 noch bei 6,1 Prozent, erreichte 2010 fast 20 Prozent, war Ende vergangenen Jahres laut Statistischem Amt der EU aber schon nur noch halb so hoch. Griechenland sei viel kränker als Lettland, stand deshalb erst diese Woche in der renommierten Zeitschrift Foreign Affairs.

In Lettland waren die Einschnitte sehr hart. Die Bevölkerung nahm diese Maßnahmen aber weitgehend hin und wählte die Sparregierung sogar wieder. Das hat mehrere Gründe. Das Land gehörte früher zur Sowjetunion und wurde erst mit dem Ende des Ost-West-Konflikts unabhängig. Armut und wirtschaftliches Auf und Ab sind die Letten gewohnt. Zudem sehen sie die EU als Garant für ihre Unabhängigkeit. Viele denken sich, was ist Sparpolitik gegen die Schreckensvorstellung, wieder zu Russland gehören zu müssen. "Für uns ist die EU mehr eine Frage der nationalen Sicherheit als der Ökonomie", so Ivars Ijabs, Politik-Professor an der Uni Riga.

Gleiches gilt für Merkel und Deutschland. Deren harte Anforderungen an Griechenland werden in Lettland begrüßt. "Deutschland steht für Stabilität und gilt hier als treibende Kraft der europäischen Integration", so Ijabs. Die EU und Deutschland können auf das kleine Land im Nordosten Europas deshalb weiterhin zählen. Athen genießt dort nur wenig Unterstützung.

Spanien fürchtet griechische Verhältnisse: Angst vor der Athener Grippe

In Spanien wird wenige Monate vor der spannenden nationalen Parlamentswahl im Herbst die Angst vor der Griechenland-Grippe geschürt. Und zwar vor allem vom konservativen Regierungschef Mariano Rajoy, der davor warnt, dass bei einem Wahlsieg der spanischen Syriza-Schwester Podemos (Wir können) den Spaniern griechische Verhältnisse drohen würden. Podemos tritt ähnlich wie Syriza für einen Schuldenschnitt und für eine Abkehr von der bisherigen Sparpolitik ein. So gesehen kommt Rajoy der Dauerkonflikt zwischen der griechischen Syriza-Regierung und der EU ganz recht, um den Aufstieg der linksalternativen Podemos in Spanien zu bremsen. Denn Rajoys Regierung, die seit Ende 2011 mit absoluter Mehrheit regiert, steht nach den Wahlumfragen auf der Kippe und versucht händeringend, nicht die Macht zu verlieren.

Aus den Kommunalwahlen im Frühjahr ging die auf der Straße geborene Protestbewegung um Podemos bereits als neue große Kraft hervor, die nun sogar in den beiden größten Städten Spaniens, in Madrid und Barcelona, in den Rathäusern regiert. Der Ausgang der Griechenlandkrise dürfte also erhebliche Auswirkungen auf Spaniens Innenpolitik haben: Scheitert Syriza-Regierungschef Alexis Tsipras mit seiner Herkulesaufgabe, die mit der Euro-Gruppe ausgehandelten Reformen durchzusetzen, wäre dies Wasser auf die Mühlen der spanischen Konservativen, die unaufhörlich vor der "linken Gefahr" in Spanien warnen.

Offiziell erklärte Rajoy freilich, dass der mit Griechenland vereinbarte Reformkurs "vernünftig" sei, und dass "Europa weiterhin solidarisch mit Athen" sein müsse. Hinter den Kulissen hörte man aber, dass Spanien in den Verhandlungen Tsipras zu den härtesten Widersachern Griechenlands gehörte.

Im Zuge des EU-Ringens mit Athen kommentierten Spaniens Medien nicht ohne Sorge, dass Deutschlands Einfluss in Europa offenbar immer weiter wachse. Das bürgerliche Blatt "El Mundo" fasste die Machtverhältnisse in Brüssel mit dem Satz zusammen: "Europa ist deutscher geworden."

Wien sieht sich als Vermittler: Schäubles harter Kurs kommt nicht gut an

Deutschlands Rolle sei "keine positive" gewesen: Einen solchen Satz, wie ihn Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) auf den Griechenland-Streit gemünzt hat, hat man von einem österreichischen Regierungschef jahrzehntelang nicht gehört. Mit seiner offenen Kritik am "harten Kurs" Wolfgang Schäubles darf Faymann auf Zustimmung zählen. In Deutschland herrschen unumstößliche Grundsätze, in Österreich dagegen der Imperativ, stets einen Kompromiss zu finden: Das ist zwischen Boden- und Neusiedler See eine unumstrittene Gewissheit. Wenn in Europa über deutsche Prinzipienreiterei mit dem Kopf geschüttelt wird, wächst Österreich wieder eine Vermittlerrolle zu.

Anders als in Deutschland, wo seit den 80er Jahren die neoklassische Wirtschaftstheorie Triumphe feiert, ist in der Wiener Ökonomie der Keynesianismus bis heute bestimmend. In der Öffentlichkeit dominieren konservatives und sozialistisches Denken weit vor liberalem - besonders da, wo beide Strömungen einander die Hand reichen, etwa wenn es um TTIP oder um Gentechnik geht. Trotzdem hat auch Österreich seit damals und vor allem seit dem EU-Beitritt 1995 kräftige Liberalisierungsschübe erlebt - mehr dem europäischen Umfeld geschuldet als aus eigenem Antrieb.

Als EU-Nettozahler, als Exportland und mit Deutschland als weitaus wichtigstem Handelspartner hat Österreich sehr ähnliche Interessen wie der Nachbar. Eine feine Analyse hat Vizekanzler Reinhold Mitterlechner (ÖVP) geliefert: "Die Österreicher haben mit den Griechen mehr Mitleid als die Deutschen, aber zahlen wollen beide nicht."

Die Haltung zu Europa ist einer der ganz wenigen Parameter, bei denen sich Deutsche und Österreicher signifikant unterscheiden: Als eher kleines Land und als Spätankömmling identifiziert man sich weit weniger mit dem europäischen Projekt. Mehrheitsentscheidungen werden als "Überfahren der Kleinen" interpretiert. Andererseits empfinden die meisten Österreicher die eigene Nation als zu schwach, um ohne die Union bestehen zu können.

Irland ist für harte Hand gegenüber Athen: An der Seite von Angela Merkel

Kein Gespräch über die Griechenland-Krise kommt in Irland ohne Vergleiche zur eigenen Situation aus. Immerhin stürzte die weltweite Finanzkrise im Jahr 2008 das Land in große Not. Die Immobilienblase platzte, die Banken waren auf Milliardenhilfen angewiesen. Ein Rettungspaket der EU und des Internationalen Währungsfonds in Höhe von 85 Milliarden Euro schaffte zwar Abhilfe. Aber die Wunden sind noch lange nicht geheilt. Auch deshalb forderten die irischen Europapolitiker im Vergleich zu anderen Mitgliedern eine harte Hand gegenüber Griechenland und schlugen sich eher auf die Seite der Deutschen.

Nun hofft Ministerpräsident Enda Kenny auf die Umsetzung des erreichten Deals mit Athen. Ein Schuldenerlass für die Hellenen? Das hätte den Konsens für die eigene Sparpolitik bedroht. Immerhin sparte sich die Austeritätsnation zu großen Teilen aus der Krise, tiefgreifende Reformen sorgten für steigende Beschäftigungszahlen, einen nachhaltigen Aufschwung und die Rückkehr an den Kapitalmarkt. Der Lohn: Im vergangenen Jahr wuchs die Wirtschaftsleistung Irlands um fast fünf Prozent - so stark wie in keinem anderen EU-Staat.

Das klingt nach einem Erfolg, mehr noch, nach einem Paradebeispiel, als das Irland immer wieder zitiert wird, wenn es um die heilende Wirkung der Austeritätspolitik geht. Doch viele Menschen sehen das anders. Nicht alle Zahlen sind rosig. Die strenge Sparpolitik hat die Arbeitslosigkeit 2012 auf Höchstwerte von 15 Prozent getrieben. Die Sanierung der Staatsfinanzen macht zwar erkennbare Fortschritte, doch die Verschuldung des Landes liegt bei rekordverdächtigen 109 Prozent (erlaubt sind 60 Prozent), was die Regierung zu einem anhaltenden Kurs des knappen Geldes zwingt.

Viele kritisieren die Konsolidierungsprogramme scharf und auch das Auftreten von Merkel und Co. gegenüber kleineren Staaten. "Wenn man in Schwierigkeiten gerät, hilft Europa einem vielleicht aus der Klemme, aber nur zu den eigenen Konditionen", hieß es in irischen Medien.

Für Italien ist der Kompromiss aber akzeptabel: Schlechte Noten für Schäuble

Fußballspieler bekommen in jeder italienischen Tageszeitung Noten für ihre Darbietungen. Als sich die EU-Staatschefs Mitte Juli in Brüssel auf eine vorübergehende Lösung für Griechenland geeinigt hatten, mussten sich auch die Spitzenpolitiker bewerten lassen. Frankreichs Präsident François Holland bekam in der Turiner Zeitung La Stampa die Note 8, schrammte als "Leader im Ausnahmezustand" also knapp an der Bestleistung vorbei. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble stand da wie ein gedemütigter Verteidiger, Note 4. "Ein Verlierer, der sich die EU als einen Käfig von Regeln wünscht", hieß es. Der Tenor in Italien war eindeutig: Die deutsche Regierung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihrem "Kettenhund" Schäuble lege es auf ein teutonisch dominiertes Europa an. Frankreich hingegen habe sich redlich um einen Kompromiss gemüht und lege richtigerweise Wert auf mehr Flexibilität und Wachstum.

Die Lösung in der Griechenland-Krise ist für die italienische Regierung und wie es scheint auch für den Großteil der Bevölkerung dennoch akzeptabel. Schließlich hofft Italien, seine rund 40 Milliarden an Griechenland verliehenen Euro eines Tages wiederzusehen. Ministerpräsident Matteo Renzi fühlte sich allerdings unsanft in seinem Drang zur Selbstdarstellung gebremst, als er merkte, dass Berlin vor allem in Paris einen validen Gesprächspartner zur Lösung der Krise erkannt hatte. Renzi fügt sich derweil in seine Rolle als Musterschüler, der die einst von der Troika geforderten Reformen Schritt für Schritt umsetzt. Ein Aufschwung deutet sich an, ist aber noch sehr schwach.

Renzis Versuche, Verständnis für den griechischen Premier Alexis Tsipras zu erwirken und dessen Politik als Motor für die Lockerung der Budgetvorschriften zu benutzen, sind erst einmal zur Ruhe gekommen. Das, was in Italien als "deutsche Hegemonie" die Runde macht, wird von der Regierung mehr oder weniger stillschweigend akzeptiert. Opposition und öffentliche Meinung hadern dafür umso mehr mit den übermächtig scheinenden Nachbarn im Norden.

In Dänemark wächst die Euro-Skepsis: Kritische Distanz

Für Dänemark hat die Griechenland-Krise weitreichende Folgen: Das Grexit-Epos trägt den entscheidenden Teil dazu bei, dass Dänemark der Währungsunion auf absehbare Zeit nicht beitreten wird.

Die dänischen Regierungen der vergangenen Jahrzehnte - ob links oder rechts - sie alle wollten Europa und den Euro. Und sie hatten es wahrlich nicht immer leicht, ihr Volk auf diesem Weg mitzunehmen. Denn die dänische Volksseele sträubt sich gegen zu viel Einfluss von außen. Das schwierige Verhältnis der Dänen zu Europa manifestiert sich im Edinburgh-Traktat, das es den Dänen 1993 ermöglichte, den Maastrichter Vertrag zu unterschreiben und gleichzeitig weitreichende Eigenständigkeit zu behalten. Bei der Währung, aber auch bei der Verteidigungs- und der Rechtspolitik. Die Dänen haben sich dem europäischen Projekt nie ganz verpflichtet.

Die Krise Griechenlands, so meinen dänische Politiker aus allen Lagern heute, gibt dieser Politik nachträglich Recht. Dänemark hat sich zwar dem Fiskalpakt angeschlossen, die Krone ist also fest an den Kurs des Euro gebunden. Doch die Einführung der gemeinsamen Währung - bzw. die Befragung des Volkes dazu - wurde immer wieder in der Hoffnung auf eine eurofreundliche Stimmung im Volke verschoben. Das Grexit-Drama hat jetzt dafür gesorgt, dass über einen Beitritt Dänemarks zum Euro in den kommenden zehn, 15 Jahren nicht mehr zu reden sein wird. Die rigide Sparpolitik, die Brüssel - und allen voran Berlin - den Griechen abverlangen, sie bestätigt viele Dänen in ihrer Abneigung gegen jegliche Fremdbestimmung. So sehr sich der neue Regierungschef Lars Løkke Rasmussen also auch öffentlich darüber ärgert, dass er als Vertreter eines Nicht-Euro-Staates nicht über die Rettungsmaßnahmen für Griechenland mitentscheiden - aber mitbezahlen - darf: Den tückischen Kampf um Griechenland überlässt er herzlich gerne Merkel und Co. - jenen also, die sich der europäischen Währung und der europäischen Sache verpflichtet fühlen. Denn davon sind die Dänen heute weiter entfernt denn je.

Die Haltung der Briten bleibt widersprüchlich: Schelte für Deutschland

Als der Deal mit Griechenland stand, ein Austritt Athens aus dem Euro abgewendet war und die Suche nach den Milliardensummen begann, hallte es sofort aus der Downing Street in London: "Die Vorstellung, das Geld britischer Steuerzahler für die neueste Vereinbarung mit Griechenland zu verwenden, ist ein Rohrkrepierer." Die Euro-Zone müsse "ihre Rechnung selbst zahlen", sagte Finanzminister George Osborne. Und auch, wenn einige Stimmen im Königreich Verständnis für Deutschland zeigten und die von der bei den Briten beliebten Kanzlerin Angela Merkel vorgestellten Maßnahmen lobten, wurden sie leicht übertönt von der Zahl der Kommentatoren, die sich kritisch zu Wort meldeten. "Die Eurozone sollte helfen, Griechenland zu stabilisieren und Europa zu retten", schrieb der "Guardian". Stattdessen würde "das europäische Projekt auf dem Altar der deutschen öffentlichen Meinung geopfert". Im "Daily Telegraph" warf Boris Johnson, Londons Bürgermeister und vehementer EU-Skeptiker, den Deutschen Arroganz vor. Das von der Bundesregierung vorgelegte Papier verschlage einem in seiner Offenheit und Brutalität den Atem, meinte Johnson in dem konservativen Blatt. Die Vorschläge von Finanzminister Wolfgang Schäuble entsprächen einer "Tyrannei".

Noch während die Verhandlungen zwischen Athen und den Kreditgebern liefen, betonte der konservative Premierminister David Cameron, er hoffe auf eine baldige Einigung. Das klingt kurios, schließlich sind es die Briten, die mit einem Austritt drohen. Cameron, der für den Verbleib in der Union wirbt, hat der Bevölkerung bis spätestens 2017 ein Referendum versprochen, bei dem die Menschen auf der Insel darüber abstimmen sollen, ob sie in der EU bleiben wollen oder nicht. Der Regierungschef möchte eine Reform der Gemeinschaft durchsetzen und fordert dafür, die EU-Verträge zu ändern. Für die zahlreichen EU-Skeptiker im Königreich, auch innerhalb der Regierungspartei der Tories, kam die Krise in Griechenland indes zur rechten Zeit. Auf sie verweisen sie gerne, wenn sie die Schwachstellen in Brüssel betonen, das Auseinanderfallen des Verbunds beschwören und für den Austritt Großbritanniens aus der EU werben.

Die traditionell europaskeptischen Briten sind dieser Tage jedoch besonders froh, das Pfund bewahrt zu haben. Ein Grexit hätte für die Wirtschaft des Landes große Auswirkungen - für Unternehmen, Banken, Finanzdienstleistungen und den Tourismus. Man wehrte sich also nicht gegen eine Einigung, wohl aber gegen eine Mithaftung. Das durchzusetzen, ist den trickreichen Briten wieder einmal gelungen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort