Rede vor US-Parlament Viel Applaus aber keine Waffen für Poroschenko

WASHINGTON · Gemeinsamer Applaus im Stehen, hat die "Washington Post" einmal süffisant geschrieben, ist im notorisch zerstrittenen amerikanischen Parlament manchmal der größte Ausdruck von "Heuchelei und Symbolik". Die Beschreibung trifft wohl auch auf das zu, was sich am Donnerstag im Kongress abspielte.

Nach einer flammenden Rede, die um große Begriffe wie Würde, Menschenrechte, Solidarität und Frieden kreiste und in der mehr als einmal die Pathos-Formel "Lebe frei - oder stirb" anklang, bekam der ukrainische Präsident Petro Poroschenko anhaltenden, teils frenetischen Beifall von Senatoren und Abgeordneten des Repräsentantenhauses.

Sein Hauptanliegen aber, die Belieferung der ukrainischen Armee mit schweren US-Militärgütern als Antwort auf Moskaus Aggression, wurde wenig später hinter verschlossenen Türen im Weißen Haus bis auf weiteres beerdigt.

Das jedenfalls hatten Regierungsoffizielle Hauptstadtmedien bereits gesteckt, bevor der im Sommer zum Staatsoberhaupt gewählte Schokoladen-Milliardär am Potomac eintraf. Tenor: Schwere Waffen könnten Russlands Präsidenten Wladimir Putin unnötig provozieren und zu weiteren Eskalationen führen. Und an einer Zuspitzung in der Ukraine habe das vor allem mit dem Desaster um den "Islamischen Staat" in Syrien und im Irak beschäftigte Weiße Haus kein Interesse.

Ob sich an dieser Einschätzung durch die jüngsten von Poroschenko überlieferten Äußerungen Putins etwas ändern würde, war bis zum Vier-Augen-Gespräch mit Obama am Abend (Ortszeit) offen, aber unwahrscheinlich. Putin soll gegenüber Poroschenko gesagt haben: "Wenn ich wollte, könnten russische Truppen in zwei Tagen nicht nur in Kiew, sondern auch in Riga, Vilnius, Tallinn, Warschau oder Bukarest sein." Poroschenko soll den Satz EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso erzählt haben, was wiederum Niederschlag gefunden habe in einer Gesprächsnotiz des Auswärtigen Dienstes der EU. Der Kreml dementierte die Äußerung umgehend und stellte Poroschenko als Lügner dar.

Wie zuvor im kanadischen Ottawa bemühte sich Poroschenko in Washington um einen engen Schulterschluss zum Westen und erbat mit viel Pathos dessen Beistand. Was in der Ukraine geschehe, "ist auch Amerikas Krieg". Russland habe weitere Länder in Ost-Europa auf dem Radar.

Ein "neuer, kalter Krieg" drohe, sagte Poroschenko. Der US-Präsident, so erwarteten Vertraute, wird den Erwartungen Poroschenkos, der im Zusammenhang mit Russland von "Heimtücke" und "Dolchstoß" sprach, jedoch einen Dämpfer versetzt haben. Der Waffenstillstand in der Ukraine, mag er auch brüchig sein, gilt in Washington als "politisch kostbar".

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