Wahl in Ostukraine Urnengang gegen den Protest aus Kiew und des Westens

MOSKAU · Eigentlich haben die Wahlen schon begonnen. Seit drei Tagen dürfen die Wähler der separatistischen "Donezker Volksrepublik" per Internet abstimmen.

Kriegsflüchtlinge und andere Einwohner, die sich außerhalb des Rebellengebiets befinden, können sich mit Scans ihres Personalausweises auf der Website der Wahlkommission registrieren und dann online wählen.

In der benachbarten "Lugansker Volksrepublik" fahren seit Tagen mobile Wahlkommissionen über die Dörfer. "Aus objektiven Gründen sind wir nicht imstande, all unseren Wählern die Möglichkeit zu geben, am Tag der Abstimmung zu wählen", erklärt Kommissionsleiter Alexei Syrow. Ein Wink, dass die Zeiten kriegerisch sind.

Am Sonntag werden in beiden ostukrainischen Rebellenrepubliken Regierungschefs und Parlamente gewählt. Die Ukraine hat ebenso wie westliche Länder gegen die Wahlen protestiert. Ein anonymer EU-Beamte sagte der Moskauer Zeitung Kommersant, wenn Russland diese Wahlen anerkenne, fördere es statt einer friedlichen Lösung die Einfrierung des Konfliktes und riskiere weitere EU-Sanktionen.

In Kiew und Brüssel werden die von den Rebellen eigenmächtig ausgerufenen Wahlen als Verstoß gegen das Minsker Friedensabkommen betrachtet. Dort sind Lokalwahlen in den Rebellenrepubliken gemäß ukrainischer Gesetzgebung vorgesehen. Russlands Außenminister Sergei Lawrow aber hat bereits angekündigt, sein Land werde die Wahlen anerkennen.

Form und Inhalt des Wahlkampfs lassen viele Fragen offen. Vertreter der Lugansker Republik sammeln seit Wochen eifrig Kopien von Personalausweisen. "Bei uns kündigte man an, es würden humanitäre Hilfspakete verteilt, aber jeder Empfänger müsse eine Kopie seines Passes abgeben", sagt Alexei, Bewohner der Stadt Krasnodon. Auch in Donezker Ortschaften sollen Passkopien eingesammelt worden sein, Beobachter argwöhnen, diese Kopien dienten dazu, die Ergebnisse zu frisieren.

Allerdings scheint dieser Bedarf eher gering zu sein. Sämtliche Kandidaten und Parteien sind erklärte Separatisten. "Komm zu den Wahlen!", formuliert ein Wahlplakat. "Hier gehören alle zusammen!" In Lugansk kandidieren vier Anwärter für das Amt des Republikchefs und acht Parteien für das Parlament, in Donezk gibt es nur drei Kandidaten für das höchste Amt und zwei Parteien, die ins Parlament einziehen wollen.

Dort wurden selbst die Kommunistische Partei und die Bewegung "Neurussland" des "Volksgouverneurs" Pawel Gubarew wegen Formfehlern nicht zur Wahl zugelassen. Gubarew, Rebellenführer der ersten Stunde, landete Mitte Oktober im Krankenhaus, nachdem sein Auto beschossen wurde. Seitdem ist er von der politischen Bühne verschwunden. Als hohe Favoriten gelten die Amtsinhaber, in Lugansk Igor Plotnizki, früher Verbraucherschützer, in Donezk der ehemalige Feldkommandeur Alexander Sachartschenko.

Nach einer Umfrage der Donezker Verwaltungsuniversität liegt er mit über 51 Prozent weit vor seinen Konkurrenten, zwei separatistischen Abgeordneten, die gemeinsam keine sechs Prozent erreichen. Wie sie sind viele Parlamentskandidaten den Wählern völlig unbekannt, der offizielle Wahlkampf währte nur zwei Wochen und fand praktisch nicht statt.

"Juristisch fallen die Wahlen aus dem Rahmen", gesteht auch der kremlnahe Moskauer Politologe Sergei Markow. "Aber sie werden die politische Legitimation der Republiken erheblich steigern, weil die Wahlbeteiligung weit über der bei den getürkten Parlamentswahlen in der Ukraine vergangenen Sonntag liegen wird." Russland aber erkenne beide Wahlen an, weil Wahlen legitime Verhandlungsobjekte schüfen. "Ohne sie ist keine Friedenslösung möglich."

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