Syrienkonflikt USA und Ankara planen IS-freie Zone

ISTANBUL · Kurz vor dem Nato-Treffen zu den türkischen Angriffen in Syrien und im Irak an diesem Dienstag haben sich Pläne Ankaras zur Einrichtung einer westlich kontrollierten Schutzzone in Nordsyrien abgezeichnet. Die Türkei will mit Hilfe der USA einen Sicherheitsstreifen auf syrischem Boden entlang der gemeinsamen Grenze schaffen.

 Flugzeuge der US-Luftwaffe auf dem Stützpunkt Incirlik in der Türkei.

Flugzeuge der US-Luftwaffe auf dem Stützpunkt Incirlik in der Türkei.

Foto: dpa

Ministerpräsident Ahmet Davutoglu sagte laut Pressberichten bei einem Treffen mit Chefredakteuren türkischer Zeitungen, die Entsendung eigener Bodentruppen sei nicht geplant. Vielmehr soll die Zone von der Türkei und den USA aus der Luft überwacht werden; am Boden soll der Gebietsstreifen unter diesem Schutzschirm dann von der Rebellenallianz Freie Syrische Armee (FSA) und "anderen gemäßigten Elementen" kontrolliert werden.

Die Türkei fordert bereits seit langem die Einrichtung von Schutzzonen in Syrien, in denen sich Rebellen für den Kampf gegen die Armee von Präsident Baschar al-Assad sammeln und in denen Flüchtlinge versorgt werden können. Bisher stieß diese Forderung bei den UN und bei der Nato auf Ablehnung. Doch das hat sich nach türkischen Angaben geändert. Laut Davutoglu gehört der Plan zur Schaffung der per Luftwaffe überwachten Zone in Syrien zur Rahmenvereinbarung zwischen der Türkei und den USA zur Öffnung der Luftwaffenbasis Incirlik für US-Kampfjets. Die US-Flugzeuge sollen von dort aus in Syrien und im Irak den Islamischen Staat angreifen. Auch die "New York Times" berichtete über einen entsprechenden Plan von Türkei und USA. Eine Flugverbotszone solle es aber nicht geben.

Eine dauerhafte Präsenz des IS an der türkischen Grenze werde nicht geduldet, sagte Davutoglu. Allerdings will die Türkei mit der Schutzzone auch eine Ausbreitung des Autonomiegebietes der Kurden in Nordsyrien verhindern. Der bewaffnete Arm der syrischen Kurdenpartei PYD, ein Ableger der türkisch-kurdischen Rebellengruppe PKK, hatte in jüngster Zeit mehrere militärische Erfolge gegen den IS in Nordsyrien erzielt. Damit konnte die PYD ihren Machtbereich ausweiten.

Ankara befürchtet, dass dies ein Vorbote zur Bildung eines eigenen Kurdenstaates sein könnte. Davutoglu sagte dazu, bisher habe die PYD der Türkei keine Probleme bereitet. Sollte sich das ändern, werde Ankara auch gegen die syrische Kurdenpartei vorgehen.

Die Entscheidung von Davutoglu und Präsident Recep Tayyip Erdogan, nicht nur Stellungen des IS in Syrien, sondern auch Stützpunkte der PKK in Nordirak anzugreifen, hatte in den vergangenen Tagen heftige Proteste in der Türkei und Kritik im Ausland ausgelöst, auch in Deutschland. Davutoglu zeigte sich davon unbeeindruckt. Ankara habe mit dem Einsatz der Streitkräfte ein starkes Signal an alle Akteuere geschickt, dass mit der Türkei zu rechnen sei, sagte er. Die Türkei könne in der Region "eine Spielwende" bewirken.

Die FSA und andere syrische Rebellengruppen verlangen seit Jahren ein stärkeres Engagement des Westens im Syrienkrieg. Davutoglus Plan für eine Schutzzone dürfte deshalb auf die Zustimmung dieser Gruppen stoßen. Dagegen wird die syrische Regierung voraussichtlich scharf gegen eine Verletzung der Souveränität protestieren - militärische Mittel, um Türken und Amerikaner aufzuhalten, hat Damaskus aber nicht. Offen ist, wie der IS auf eine westliche Intervention reagieren würde. Das Grenzgebiet zur Türkei ist für die Extremisten wichtig, weil von dort neue Kämpfer sowie Waffen und Munition in den IS-Machtbereich gelangen.

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