Referendum in Griechenland Tsipras und Pyrrhus

BERLIN · Pyrrhus muss herhalten nach einem Referendum wie diesem. SPD-Chef Sigmar Gabriel hat nachgeschlagen, was König Pyrrhus vor rund 2 300 Jahren nach dem verlustreichen Sieg seiner Truppen über die Römer gesagt haben soll: "Noch so ein Sieg, und wir sind verloren!"

So ähnlich, sagt Gabriel, gehe es jetzt dem Sieger des griechischen Referendums, Ministerpräsident Alexis Tsipras. Die endgültige Zahlungsunfähigkeit seines Landes drohe unmittelbar bevorzustehen. Gabriel hatte noch davon gesprochen, Tsipras habe "letzte Brücken eingerissen", über die sich Europa und Griechenland hätten auf einen Kompromiss zubewegen können. Aber wer die Regeln der Währungsunion von 19 Staaten der Eurozone bei einem Stimmenverhältnis von 18:1 in Frage stelle, "dann ist das sozusagen das Einreißen einer Brücke".

Brücken abgebrochen? Tür offen? Oder gar einen Schlichter einsetzen?, wie es nun Linke-Chefin Katja Kipping vorschlägt. Keiner weiß eine Lösung. Nur so viel: Zurzeit gebe es nach dem Referendum in Griechenland "nicht die Voraussetzungen, um in Verhandlungen über ein neues Hilfsprogramm einzutreten", so Regierungssprecher Steffen Seibert gestern. Immerhin: "Die Tür für Gespräche bleibt immer offen." Die deutsche Position bleibe unverändert. Hilfe gebe es nur gegen Gegenleistung. An diesem Prinzip werde die Bundesregierung nicht rütteln lassen. Der Ball liege nun in der griechischen Spielhälfte. "Jetzt warten wir ab, mit welchen Vorschlägen die griechische Regierung auf uns zukommt", sagte Seibert. Und auch Vizekanzler Gabriel verlangt: "Die griechische Regierung muss jetzt schnell ein substanzielles Angebot machen." Er räumt allerdings ein, dass die "Politik der Rettungsprogramme trotz nie da gewesener Finanzhilfen nicht funktioniert" habe.

Rätselraten allerorten am Tag nach dem griechischen Referendum mit dem Sieg des "Nein"-Lagers und der Weigerung, die Auflagen der Gläubiger zu erfüllen. Grünen-Vorsitzende Simone Peter fordert, die europäische Politik müsse jetzt stark genug sein, "ein Bündnis zu schmieden, um Griechenland im Euro zu halten". Linke-Chefin Kipping plädiert gleichfalls dafür, alles zu tun, um Griechenland im Euro zu halten. Sie spricht sich für einen Schlichter aus und erhebt wegen der aus ihrer Sicht mangelnden Moderatorenrolle schwere Vorwürfe gegen die SPD: "Die Sozialdemokratie hat jämmerlich versagt."

Kommt am Ende womöglich doch noch ein drittes Hilfspaket? Wolfgang Bosbach hat sich für diesen Fall schon aufgestellt: "Ich persönlich werde keinen weiteren Rettungspaketen zustimmen, die dem Zweck dienen, Griechenland unter allen Umständen in der Eurozone zu halten - koste es, was es wolle", sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Bosbach dieser Zeitung. Bosbach erinnert daran, dass schon Ende Februar bei der Verlängerung des zweiten Hilfspaketes mehr als 100 Abgeordnete der Unionsfraktion nur mit Bauchschmerzen zugestimmt und ihre Bedenken zu Protokoll gegeben hätten. Sollte es doch zu einem dritten Hilfspaket für Griechenland kommen, würde es "sehr schwer", dafür in der Unionsfraktion eine Mehrheit zu finden, auch wenn es dafür möglicherweise eine Mehrheit im Bundestag geben würde. Bosbach fürchtet, dass Griechenland es "unter den Bedingungen des Euro auf Dauer nicht schaffen" könne. Die Alternativen: dauerhafte Subventionen oder Rückkehr zur Drachme.

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