Kommentar Schlechter Stil

Washington · Bei zentralen Weichenstellungen - siehe die Reform der Einwanderung - geht Barack Obama oft zur besten Sendezeit ins Fernsehen und erklärt sich dem Volk. Seinen Kurswechsel in Afghanistan hat der Präsident per Geheimbefehl vollzogen. Das ist mindestens schlechter Stil.

Wer vor sechs Monaten das Ende des Kampfeinsatzes verkündet und den USA am Hindukusch für die Zukunft die Rolle eines Beraters, allenfalls Aushilfsspielertrainers zuweist, der muss schon erklären, warum es jetzt heißt: Kommando zurück! Weiter kämpfen! Obamas Blankoscheck an das Militär straft die Erzählungen einem Afghanistan, das schon bald sicherheitspolitisch auf eigenen Füßen stehen kann, Lügen. Seit der Dschihadismus im Irak wie in Syrien bizarre Staatsform annimmt, glaubt Washington sein Märchen selbst nicht mehr.

Man kann das Lernprozess nennen. Weil der ruckartige Abzug der USA aus dem Irak in der Tat das Wachstum des "Islamischen Staates" begünstigt hat. Man kann aber auch in Zweifel ziehen, ob ein Abnutzungskrieg, der nach 13 Jahren nicht gewonnen wurde, ausgerechnet im 14. oder 15. Jahr mit einem Sieg enden sollte. Und das mit entschieden weniger Truppen.

Obamas Kehrtwende überrascht auch deshalb, weil er es war, der zuletzt gegen die militärische Logik argumentierte, mit der der Westen am Hindukusch so oft Schiffbruch erlitten hat. Eine religiös grundierte Aufstandsbewegung wie die Taliban, weiß Obama, kann niemals mit fremden Bodentruppen besiegt werden. Warum handelt er nicht danach

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort