Verbleib Griechenlands im Euro Planspiele mit Drachme

FRANKFURT/MAIN · Deutliche Kursverluste prägten den Börsentag am Montag. Aber ein "schwarzer Montag" war es nicht. Am Markt für Staatsanleihen wurde die unterschiedliche Bonität der Emissionsländer wieder stärker sichtbar. Am Devisenmarkt gab der Euro nach. "Zerschossen" wurde er aber keineswegs. Er bekam auch Unterstützung aus China.

 Die Frankfurter Börse.

Die Frankfurter Börse.

Foto: dpa

"Am Morgen gab es panikartige Verkäufe", berichtet Carsten Sommerfeld, Börsenchef des Wertpapierhändlers Tradegate. "Die Verkäufer trafen hier auf einen sehr dünnen und empfindlichen Markt", entsprechend groß seien die Verluste gewesen. Der Deutsche Aktienindex (Dax) rauschte nach unten und hatte 15 Minuten nach Handelsbeginn sein Tagestief erreicht: 10.964,24 Punkte bedeuteten gegenüber Freitag einen Abschlag von 4,6 Prozent. Größte Kursverlierer waren die Banken. Das Papier der Deutschen Bank sackte zum Tagestief um 6,7 Prozent ab. Es seien vor allem Privatanleger gewesen, die anfangs verkauft hätten, sagte ein Händler, "die Institutionellen halten still oder dagegen."

Einheitlich ist die Stimmung am Kapitalmarkt nicht. Sentix, ein als zuverlässig geltendes Analysehaus, das seit Jahren die Meinungen am Kapitalmarkt auslotet, meldete den neuesten Stand des "Euro Break-up Indexes". Der misst die Erwartung, ob ein Land binnen der nächsten zwölf Monate aus dem Euro aussteige. Im Juni erhöhte sich der Anteil der Befragten, die dies erwarten, von 41,2 auf 48,4 Prozent. "Damit ist das Anlegerlager bezüglich der Frage des Auseinanderbrechens des Euros fast exakt in zwei Hälften gespalten", sagte Sentix-Chef Manfred Hübner. Die Ansteckungsgefahren eines solchen Ereignisses hielten die befragten 985 Investoren aber für "weiterhin für sehr niedrig".

Verbale Unterstützung kam vom chinesischen Premierminister Li Keqiang, der während eines Besuchs in Belgien versicherte, China werde langfristig in Eurostaatsanleihen engagiert bleiben, sie also nicht verkaufen.

Der Anleihemarkt konnte zudem auf die Unterstützung der Europäischen Zentralbank rechnen. Die hatte schon am Sonntag angekündigt, alle geldpolitisch verfügbaren Instrumente zu nutzen, um den Finanzmarkt stabil zu halten. Sollte heißen: Sie werde verstärkt Anleihen gerade südeuropäischer Staaten kaufen, wenn dort Spekulanten massiv ausstiegen, damit die Kurse drückten, die Renditen in die Höhe trieben und somit die konjunkturelle Entwicklung abbremsten. Trotz relativer Zuversicht über den Verbleib Griechenlands im Euro werden in Frankfurt Alternativszenarien durchgespielt. Zwar kann niemand Griechenland zum Austritt aus der Währungsunion zwingen. Er könnte aber faktisch kommen, wenn Athen weiterhin nicht mit neuen Euro der EZB rechnen könnte, weil es ein Reformabkommen mit den "Institutionen" ablehnt. Dann müsste über kurz oder lang eine neue Drachme eingeführt werden.

Die in Griechenland vorhandenen Euro-Geldscheine würden weiter in Umlauf bleiben. Die neue Drachme würde so stark abwerten, dass Importe sehr teuer würden. Not wäre die wahrscheinliche Folge für die Menschen im Land, zumindest vorübergehend. Deshalb hält Gertrud Traud, die Chefvolkswirtin der Helaba, eine andere Lösung für besser: Griechenland müsste zwar raus aus dem Euro, aber könne in der EU bleiben und erhielte dazu humanitäre Hilfen - ohne Reformauflagen.

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