Griechenland-Krise Nächster Akt im Schuldendrama

BRÜSSEL · Eigentlich wollte die griechische Regierung schon gestern Abend ihre endgültige Liste mit Reformvorschlägen für eine Verlängerung des EU-Hilfsprogramms vorlegen, doch daraus wurde nichts.

 Ob Griechenland seine Geldgeber überzeugt, zeigt sich heute. Klar ist nur eines: EU-Finanzhilfen werden dringend benötigt.

Ob Griechenland seine Geldgeber überzeugt, zeigt sich heute. Klar ist nur eines: EU-Finanzhilfen werden dringend benötigt.

Foto: dpa

Erst heute Morgen - so verlautete am Abend aus Regierungskreisen in Athen - werde die Liste an die Finanzminister der Eurozone geschickt. Den Angaben zufolge enthalten die Vorschläge eine Reihe von sozialen Maßnahmen wie eine kostenlose Gesundheitsversorgung für die Ärmsten. Diese sollen mit strukturellen Reformen wie dem Kampf gegen Korruption und dem Abbau der Bürokratie einhergehen.

Wenn die Liste dann da ist, kommen Experten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds zusammen und beraten über das Papier, das die Fachleute in Athen und Brüssel in intensiver Pendel-Diplomatie zuvor ausgearbeitet haben. Die Liste der Reformen hatte Ministerpräsident Alexis Tsipras seinen Euro-Partnern zugesagt.

"Die Regierung hat Entwürfe geschickt. Wir sagen ihnen nicht, was sie tun sollen, wir geben Ratschläge", beschrieben Brüsseler Diplomaten gestern ihre Zusammenarbeit mit den Unterhändlern von Finanzminister Gianis Varoufakis. Ein Vorgehen, das in Kreisen der Kommission als normal hingestellt wurde. Schließlich wolle man vorab klären, dass sich Deutschland und Spanien, die als besonders kritisch gelten, am Ende nicht querlegen.

Heute Nachmittag wollen die übrigen 18 Finanzminister in einer Telefonkonferenz (möglicherweise aber auch wieder kurzfristig in Brüssel) die Zusagen der Hellenen prüfen, um dann die Billigung ihrer nationalen Parlamente einzuholen. Mögliche Schwerpunkte der geplanten Reformen machten gestern in Brüssel bereits die Runde. Demnach will man den Benzin- und Zigaretten-Schmuggel scharf bekämpfen und dadurch 1,5 Milliarden beziehungsweise 800 Millionen Euro einnehmen.

Reiche Griechen und Reeder sollen endlich besteuert werden, was 2,5 Milliarden Euro in die Staatskasse spülen dürfte. Zusätzlich wollen die Behörden ausstehende Steuern konsequenter eintreiben, wodurch sich Einnahmen von weiteren 2,5 Milliarden Euro erzielen ließen. Außerdem plant Athen offenbar, die gestoppte Privatisierung von Staatsunternehmen und Staatsbeteiligungen wieder in Gang zu bringen.

Und auch das Versprechen, keine Wahlgeschenke wie die Erhöhung des Mindestlohns und der Renten ohne solide Gegenfinanzierung zu machen, steht dem Vernehmen nach in dem Papier.

Sollten die Experten der Institutionen - also jenes Kreises, der noch bis vor Kurzem "Troika" heißen durfte - zufrieden sein, winken den Griechen etwa 3,7 Milliarden Euro aus dem Rettungsfonds des Euro-Raums und von der EZB, die Gewinne mit dem Verkauf hellenischer Staatsanleihen erzielt hatte.

Weitere 10,9 Milliarden stünden aus bisher geblockten Geldern für die griechischen Banken bereit. Selbst wenn heute grünes Licht gegeben wird, handelt es sich nur um eine kurze Atempause. Bereits Ende April muss sich Athen eine erneute Überprüfung der Reformfortschritte durch die Institutionen gefallen lassen.

Spätestens im Juli kommt dann die griechische Situation wieder auf den Prüfstand. Bis dahin wollen Eurogruppe und hellenische Regierung neue Vereinbarungen aushandeln. Vier Monate, in denen das Land vor allem eines wiederherstellen kann: das Vertrauen der Euro-Partner und der Finanzmärkte.

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