Flüchtlinge "Meine Kinder rutschten mir aus den Händen"
Abdullah Kurdi, der Vater des toten Flüchtlingskindes, schildert das nächtliche Drama. Schlepper hatten Schwimmwesten angeblich entfernt.
Der Vater eines tot an einem türkischen Strand aufgefundenen syrischen Flüchtlingskindes hat sich erstmals zu der Tragödie geäußert. "Meine Kinder rutschten mir aus den Händen", berichtete Abdullah Kurdi von dem nächtlichen Drama auf dem Mittelmeer. Das von seiner Familie genutzte Flüchtlingsboot sei am Mittwoch auf dem Weg nach Griechenland vor der türkischen Küste plötzlich umgestürzt, weil Insassen aufgestanden seien. "Es war dunkel, und alle schrien. Deshalb haben meine Frau und meine Kinder meine Stimme nicht gehört", sagte Kurdi.
Dem aus der nordsyrischen Kurdenstadt Kobane stammenden Mann gelang es nach eigenen Angaben, an die Küste nahe dem Ferienort Bodrum zu schwimmen. Sein dreijähriger Sohn Aylan, dessen Foto die Welt erschütterte, kam ebenso ums Leben wie dessen fünfjähriger Bruder Galip und ihre 27-jährige Mutter Rihanna.
Das Foto von Aylan zeigt die Leiche des Jungen, die mit dem Gesicht im Sand an einem Strand nahe dem Ferienort Bodrum gefunden wurde. Ein Polizist nahm den toten Jungen hoch und trug ihn davon. Auf einem Foto ist zu sehen, wie er den Kopf zur Seite dreht, als könne er den Anblick der Kinderleiche nicht ertragen.
Die Familie Kurdi war von Schleppern in Akyarlar auf ein Schlauchboot gesetzt worden, das sie zur Insel Kos bringen sollte. Türkische Medien zitierten Überlebende der Reise mit der Aussage, die Schleuser hätten 17 Menschen in das Boot gequetscht, in dem nur Raum für zehn Insassen war. Um Platz zu sparen, nahmen die Schlepper den Flüchtlingen die Schwimmwesten ab - möglicherweise war das das Todesurteil für den kleinen Aylan. Die Kurdis hofften auf ein besseres Leben in Europa, nachdem ein Asylgesuch in Kanada abgewiesen wurde.
Unterdessen hat Thomas Gebauer von der Hilfsorganisation medico international gestern auf einer Pressekonferenz des Bündnisses Entwicklung hilft in Bonn gesagt, Fotos wie das des Jungen könnten verhindert werden: "Täglich wollen 3000 Menschen aus der Türkei nach Kobane zurückkehren, um die Stadt wieder aufzubauen. Doch das ist der Türkei ein Dorn im Auge. Das Auswärtige Amt hat all unsere Anträge abgelehnt, Druck auszuüben. Wir werden dabei alleingelassen, Kobane wieder aufzubauen. Man kann die Schande also durchaus benennen."