Bundestag stimmt über Griechenland-Hilfen ab Mehrheit mit Lücken

BERLIN · Volker Kauder und Thomas Oppermann haben ihre Trupps noch einmal versammelt. Getrennte Sondersitzungen der Fraktionen von CDU/CSU und SPD vor der heutigen Abstimmung des Bundestages über eine Verlängerung der Nothilfen für das von der Staatspleite bedrohte Griechenland.

Die gute Nachricht danach: Die Mehrheit der großen Koalition steht, wenn auch mit Lücken. Die schlechte Nachricht, jedenfalls für Kauder: In der Unionsfraktion wollen 22 Unionsleute gegen eine Fristverlängerung der Euro-Hilfen für Griechenland stimmen, fünf wollen sich enthalten. Für die SPD dagegen meldet Oppermann nach einer Probeabstimmung: einstimmiges Ja.

So steht die große Koalition weitgehend geschlossen, obwohl es vor allem in der CSU massive Vorbehalte gegen eine Verlängerung der Griechenland-Hilfen gibt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte noch am Vortag in der CSU-Landesgruppe über 90 Minuten versucht, die Christsozialen für ein Ja zu einer Fristverlängerung zu gewinnen, die Griechenland zugleich verpflichtet, die im Rettungsprogramm vereinbarten Reformen umzusetzen.

CSU-Mittelständler Hans Michelbach sagte nachher, es könne nicht sein, dass Wahlversprechen in einem bestimmten Land der Euro-Zone von anderen Staaten bezahlt würden. "Wir wollen keine Transferunion, wir wollen auch keine Schulden- und Haftungsunion." Aber: Deutschland wolle auch nicht verantwortlich für eine Spaltung Europas sein.

Kauder wiederum versuchte nach der Sondersitzung der Unionsfraktion, die für heute absehbar 22 Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen ins richtige Verhältnis zu setzen. Die große Koalition werde "mit überwältigender Mehrheit" der Fristverlängerung für Griechenland zustimmen. Man erwarte aber, "dass Griechenland sich an das hält, was es selber zugesagt hat". Kauder kritisierte den teils als provozierend empfundenen Ton der neuen griechischen Regierung bei den Gesprächen über Hilfen für das hoch verschuldete Euro-Land. Aber: "Wir entscheiden nicht nach halbstarken Sätzen, die da kommen, sondern im Interesse Deutschlands und Europas", so Kauder.

SPD-Fraktionschef Oppermann bekräftigte den Willen der Sozialdemokraten, die Hilfen für Griechenland um vier Monate zu verlängern. Allerdings müsse Griechenland bereits gegebene Verabredungen einhalten und neue Reformen voranbringen. Dazu zähle auch der Kampf gegen Vetternwirtschaft und Korruption. Über ein womöglich notwendiges drittes Hilfspaket für Griechenland wollte Oppermann nicht spekulieren: "Darüber wird im Juni entschieden oder auch nicht entschieden." Auch ein Schuldenschnitt stehe nicht zur Debatte.

Die Linke-Fraktion im Bundestag, die die beiden ersten Rettungspakete für Griechenland abgelehnt hatte, vollzieht nun, da mit dem Syriza-Linksbündnis eine Schwesterpartei in Griechenland regiert, eine Kurswende. Parteichefin Katja Kipping sagte gestern: "In Europa verändert sich etwas." Jetzt treffe es eben nicht nur Arme und Mittelschicht, sondern auch Reichtum solle besteuert werden.

Wie sich die Abgeordneten der Linken verhalten, wollen sie erst heute kurz vor der Abstimmung entscheiden. Kipping: "Es gibt gute Gründe für ein Ja und es gibt gute Gründe für ein Nein." Enthaltung möglich, was wiederum bedeuten würde: Die Linke lehnt nicht ab. Die Grünen wiederum haben Zustimmung signalisiert.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Falsche Zeichen
Kommentar zum Treffen von Steinmeier mit Erdogan Falsche Zeichen
Zum Thema
Aus dem Ressort