Antrittsbesuch in Berlin Manuel Valls wirbt für sein Reformprogramm

BERLIN · Die Frage musste kommen. "Sarkoztalgie"? Zu Hause inFrankreich beherrscht gerade ein gewisser Nicolas Sarkozy die Schlagzeilen, der am Abend zuvor ein beachtetes Fernsehinterview gegeben hat.

 Mit militärischen Ehren begrüßt Bundeskanzlerin Angela Merkel den französischen Premierminister Manuel Valls. FOTO: DPA

Mit militärischen Ehren begrüßt Bundeskanzlerin Angela Merkel den französischen Premierminister Manuel Valls. FOTO: DPA

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Die Nation soll es wissen: Der französische Ex-Präsident ist wieder da und arbeitet an seinem politischen Comeback. 2017 sind wieder Präsidentschaftswahlen. Doch Manuel Valls, seit April französischer Premierminister, tut der Öffentlichkeit nicht den Gefallen, den Auftritt des umtriebigen Sarkozy zu kommentieren. Schon gar nicht aus dem Ausland - bei seinem Antrittsbesuch in Berlin. War da nicht was? "Merkozy"? Auch so ein mediengemachtes Wortspiel, das die vermeintlich wunderbare Symbiose zwischen Sarkozy und der deutschen Kanzlerin auf den Punkt bringen sollte.

Der Sozialist Valls steht gerade neben Bundeskanzlerin Angela Merkel im Kanzleramt und sagt zu Fragen nach Sarkozy trocken: "Ich werde dazu überhaupt nicht antworten - voilà. Meine Aufgabe ist schon schwer genug." Das ist treffend gesprochen. Valls, angetreten als führungsstarker Reformer, muss das wirtschaftliche sieche Frankreich aus einer Krise herausführen, die nahezu alle Formen des wirtschaftlichen Kreislaufes getroffen hat. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, gerade bei jungen Menschen, die Investitionsquote niedrig.

Das Wirtschaftswachstum ist so schwach, dass Frankreich auch im kommenden Jahr wieder das Drei-Prozent-Defizitkriterium deutlich (2014: 4,4 Prozent) reißen wird und das Stabilitätsziel wohl erst 2017 erreichen kann. Dann ist wieder Präsidentschaftswahlkampf. Und dann werden die Karten ohnehin neu gemischt. Gastgeberin Merkel schmunzelt, nimmt dabei Sarkozys Klopfen lediglich "zur Kenntnis" und sagt noch, dass die französische Schwesterpartei UMP hoffentlich die richtigen Entscheidungen treffen werde.

Valls ist für zwei Tage nach Deutschland gekommen, um sich gemeinsam mit Merkel der Funktionsfähigkeit der deutsch-französischen Achse zu versichern, für Wirtschaftswachstum zu werben und auch den Botschaften eines Sarkozy zu trotzen, der Präsident François Hollande eine "lange Litanei von Lügen" vorwirft, womit angeblich nicht erfüllte Wahlversprechen gemeint sind.

Valls ist in Fahrt: "Niemals, niemals würde ich sagen, dass ich mich für mein Land schäme." Der französische Premierminister, der erst in der vergangenen Woche ein Vertrauensvotum im Parlament für seinen umstrittenen Reformkurs gewann, wirbt für seinen Weg und verweist auf geplante 50 Milliarden Euro Einsparungen in den kommenden drei Jahren. Er sagt: "Die "Franzosen werden Deutschland mögen, wenn es sich für Wachstum einsetzt."

Merkel: "Frankreich befindet sich in einer sehr spannenden Phase." Die Bundeskanzlerin spricht von einer "beeindruckenden Summe von Anstrengungen", die das Nachbarland gegen die Krise unternehme. Es gehe aber auch darum, die Glaubwürdigkeit des Stabilitäts- und Wachstumspaktes zu untermauern.

"Stillstand made in Germany"? Hätte Valls den Titel des neuen Buches des früheren Grünen-Fraktionschefs Jürgen Trittin gekannt, das dieser am Tag des Antrittsbesuchs mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) vorstellt, der Franzose hätte vermutlich geschmunzelt. Solche Probleme hätte er gern.

Minister Gabriel wirbt dann aber dafür, Defizitstaaten mehr Zeit für Reformen zu geben. Das hätte Valls gerne gehört. Am Abend war die Gelegenheit da: Der Franzose traft seinen deutschen Parteifreund Gabriel in Hamburg.

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