Im Porträt Junckers Superkommissar

BRÜSSEL · Der neue EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hat einige prominente Politiker in seinem Kollegium, das am 1. November den Dienst antreten soll. Das Europaparlament soll heute über das Spitzengremium abstimmen. In Junckers Mannschaft wimmelt es nur so vor "Superkommissaren".

 Teil des Führungstandems: Frans Timmermans.

Teil des Führungstandems: Frans Timmermans.

Foto: AP

Doch der bisherige niederländische Außenminister Frans Timmermans kann sich sicher sein, dass die Bezeichnung auf ihn zutrifft. Denn der 55-Jährige wird in Brüssel nicht nur neuer Kommissar für Wirtschaft und damit Gegenspieler des umstrittenen französischen Kollegen Pierre Moscovici als Währungshüter. Er soll zugleich zum Stellvertreter Junckers aufsteigen. Inoffiziell ist sogar von einem "Führungstandem" die Rede. Zudem will der Luxemburger seinem niederländischen Kollegen offenbar die Kompetenzen für den gesamten Beamtenapparat übertragen. Timmermans, so hieß es, solle eine Reform einleiten, die mit den gängigen Vorurteilen einer überbesetzten Behörde voller zu hoch bezahlter Beschäftigter aufräumt.

Der Sozialdemokrat und verheiratete Vater von vier Kindern gehört zu den bekanntesten Persönlichkeiten der niederländischen Politik. Er stammt aus dem grenznahen Maastricht, wo er als Sohn einer römisch-katholisch geprägten Familie aufwuchs. An der Radboud-Universität in Nijmegen studierte er Französische Literatur, ehe er an die Hochschule in Nancy wechselte. Nach dem Abschluss seiner akademischen Laufbahn war Timmermans zunächst als Gastdozent im Institut Clingendael tätig. Zugleich engagierte er sich in der Europäischen Bewegung bei unseren Nachbarn. EU-Erfahrungen konnte er gleich mehrfach sammeln. Zunächst 1994 und 1995 als Mitarbeiter von Kommissar Hans van den Broek, später als Europaminister seiner Heimat. Der überaus polyglotte Politiker, der der Partij van de Arbeid (PvdA) angehört, beherrscht neben seiner Muttersprache fließend Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch und Italienisch - ein unverzichtbares Kapital auf der Brüsseler Bühne.

Dabei war Timmermans nicht einmal die erste Wahl für die Regierungskoalition von Ministerpräsident Mark Rutte. Der hatte offenbar zunächst geplant, seinen bisherigen Finanzminister und Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem nach Brüssel zu entsenden. Aber auch Rutte musste am Ende einsehen, dass eine gedeihliche Zusammenarbeit zwischen Dijsselbloem und Juncker wohl kaum zustande kommen werde.

Anfang dieses Jahres hatte der Niederländer in einer Fernsehshow über seinen Vorgänger an der Spitze der Währungsunion geplaudert und ihn dabei als "verstockten Raucher und Trinker" bezeichnet.

Timmermans gilt dagegen als Vertrauter Junckers und auch die deutsche Bundesregierung dürfte mit dem neuen Star am Brüsseler Himmel sehr einverstanden sein. Trotz der unterschiedlichen Parteienfamilien, denen Bundeskanzlerin Angela Merkel und er angehören, schätze man sich "sehr", hieß es jüngst in Berlin.

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