Tödliche Polizeigewalt in Missouri "Ich will die Waffe sehen"

WASHINGTON · Die Fälle von tödlicher Polizeigewalt in den USA gegen junge Afroamerikaner reißen nicht ab. In der Nähe von Ferguson im Bundesstaat Missouri, wo der strafrechtlich ungeahndete Tod des 18-jährigen Michael Brown landesweite Protestwellen ausgelöst hat, ist an Weihnachten erneut ein junger Schwarzer von einem Streifenbeamten erschossen worden.

 Konfrontationen: Protestierer und Polizisten stehen sich nach den Schüssen gegenüber.

Konfrontationen: Protestierer und Polizisten stehen sich nach den Schüssen gegenüber.

Foto: dpa

Wie die Polizei in Berkeley mitteilte, zielte der 18-jährige Antonio Martin bei einer Kontrolle an einer Tankstelle auf den Polizisten. Der Beamte zog umgehend seine Dienstwaffe und schoss dreimal. Eine Kugel traf den mehrfach vorbestraften Jugendlichen, der an Ort und Stelle seinen Verletzungen erlag.

Um die prompten Proteste abzuwürgen, bei der bis zu 300 Demonstranten Straßen blockierten, Steine warfen, kleinere Brände legten und sich Rangeleien mit der Polizei lieferten, stellte sich der schwarze Bürgermeister der Kleinstadt bei St. Louis umgehend auf die Seite der Ordnungshüter. "Man kann das hier überhaupt nicht mit Ferguson vergleichen", erklärte Theodore Hoskins. Der Polizist sei akut bedroht gewesen und habe durch den Einsatz der Waffe vermutlich sein Leben gerettet, sagte er bei einer Pressekonferenz. Nach den Protesten kam es zu Festnahmen. In Ferguson war der zu Tode gekommene Michael Brown unbewaffnet, als Officer Darren Wilson ihn erschoss.

Verwandte des Opfers von Berkeley machen jedoch Zweifel an der Darstellung der Polizei geltend. "Ich will die Waffe sehen", sagte Margaret Chandler, die Großmutter Martins, der Zeitung St. Louis Post-Dispatch. Ihr Enkel sei schwierig gewesen, aber keiner, der auf Polizisten schießen würde. Zur Untermauerung ihrer Sichtweise veröffentlichte die Polizei wenige Stunden nach dem Zwischenfall drei Videoaufnahmen verschiedener Überwachungskameras an der Tankstelle.

Dabei sieht man schemenhaft, wie Antonio Martin nach einem Gespräch mit dem Officer den Arm hebt und aus nächster Nähe in Richtung des Polizisten zu zielen (oder zu zeigen) scheint. Eine Waffe sieht man nicht. John Belmar, der Polizeichef von St. Louis, der nächstgelegenen Großstadt, teilte mit, am Tatort sei eine geladene Neun-Millimeter-Pistole gefunden worden, deren Seriennummer abgefeilt war. Sie wird Antonio Martin zugeordnet.

Der 34-jährige Polizist, der Martin erschoss, hatte bei dem Einsatz weder die Kamera auf dem Armaturenbrett seines Dienstwagens noch die so genannte "Bodycam", eine kleine Kamera am Revers, eingeschaltet.

Augenzeugen, die seiner Darstellung widersprechen, gibt es bislang nicht. Ein Begleiter des Opfers, der nach den Schüssen floh, ist untergetaucht.

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